Mensch und Technik
Technologiekopplung und kontextsensitive Assistenzsysteme
Die zunehmende Digitalisierung von Arbeitssystemen eröffnet der Arbeitsgestaltung zahlreiche Möglichkeiten zur kontextsensitiven Unterstützung von Beschäftigten. Dabei gilt es, verschiedene Aspekte wie eine zu enge technologische Kopplung als auch Effekte von Überwachung zu beachten.
Im Zuge der Digitalisierung von Arbeitssystemen übernehmen Assistenzsysteme zunehmend Handlungen und Aufgaben, die zuvor vom Menschen ausgeführt wurden. Idealerweise wird der Mensch so in seiner Arbeitstätigkeit unterstützt. Doch die Gestaltung der Mensch-Technik-Interaktion kann auch mit Risiken für die psychische Gesundheit von Beschäftigten verbunden sein.
Kopplung von Mensch und Technik
Ist der Mensch in seiner Aufgabenbearbeitung stark von zeitlichen Vorgaben und starren Arbeitsabläufen des technischen Systems abhängig, spricht man von einer „engen technologischen Kopplung“. Ein Beispiel kann die Bindung an Taktzeiten sein, etwa bei der Materialbestückung einer Maschine.
Was sagt die Forschung?
Arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass eine enge Kopplung zwischen Mensch und Maschine mit Gesundheitsbeeinträchtigungen und einer geringeren Arbeitszufriedenheit einhergehen kann. So schätzen Personen, die taktgebunden arbeiten, ihren subjektiven Gesundheitszustand geringer ein als Personen ohne Taktarbeit. Des Weiteren kann Taktarbeit das Auftreten psychosomatischer Beschwerden erhöhen.
Was bedeutet das für die Praxis?
Trotz der möglichen Risiken für Beschäftigte sind stark standardisierte Tätigkeiten häufig eine Voraussetzung für einheitliche Arbeitsergebnisse und Produktqualität. Die Praxis kann diesem Spannungsfeld durch eine gute Systemgestaltung begegnen. So sollte Beschäftigten ein gewisses Maß an Flexibilität überlassen werden. Der Einsatz innovativer Technologien bietet das Potential, eine starre Systemkopplung aufzubrechen und zu einer menschengerechten Arbeitsgestaltung beizutragen.
Gestaltung kontextsensitiver Systeme
Ein Beispiel innovativer Technologien stellen kontextsensitive Assistenzsysteme dar. Diese geben Beschäftigten die zur Aufgabenbearbeitung erforderliche individuelle physische oder kognitive Unterstützung, die richtige Information, am richtigen Ort und zur richtigen Zeit. Die Unterstützung und eigenständige Anpassung der Systeme basiert auf der intelligenten Vernetzung von Daten und Informationen. Die konstante Integration, Verknüpfung und Speicherung von Daten führt vermehrt zu einer möglichen elektronischen Überwachung am Arbeitsplatz.
Was sagt die Forschung?
Die Möglichkeit der Leistungsüberwachung, die Verletzung der Privatsphäre und eine empfundene Zunahme von Kontrolle am Arbeitsplatz durch fortschreitende Digitalisierung stellen für Beschäftigte Belastungsfaktoren dar. Folgen können eine verminderte Arbeitsmotivation und -zufriedenheit oder ein Rückgang der Leistung sein.
Was bedeutet das für die Praxis?
Für die Praxis ergibt sich auch basierend auf den Anforderungen der EU-Datenschutzgrundverordnung, dass insbesondere die Grundsätze der Transparenz und der Zweckbindung berücksichtigt werden müssen. Konkret sollte die elektronische Überwachung einzelner Beschäftigter vermieden werden. Rückschlüsse aus gesammelten Daten sollten nur auf Ebene von Arbeitsgruppen oder Abteilungen möglich sein und die erfassten Daten sollten in jedem Fall anonymisiert sein. Vorab sollte bereits eine Ankündigung und umfassende Aufklärung über die elektronische Überwachung stattfinden. Es sollte für die Beschäftigten eindeutig erkennbar sein, wann Daten verarbeitet werden.