Return to Work (RTW) und Betriebliches Eingliederungs­management (BEM)

Je länger Menschen infolge einer Erkrankung ausfallen, desto schwieriger gestaltet sich die Rückkehr in den Betrieb. Ein vernetzter RTW-Prozess zwischen betrieblichen und außerbetrieblichen Akteuren trägt dazu bei, dass Menschen rechtzeitig und nachhaltig zur Arbeit zurückkehren.

© Uwe Völkner, Fotoagentur FOX

RTW steht für Strukturen, Maßnahmen und Aktivitäten, die eine rechtzeitige Rückkehr zur Arbeit nach einer längeren Erkrankung ermöglichen. Dieser Prozess beginnt im besten Fall schon während der Erkrankung und geht über die betriebliche Wiedereingliederung (BEM) hinaus. In vielen Fällen ist die Rückkehr mit einer Stufenweisen Wiedereingliederung hilfreich.

20 Jahre betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM): zunehmende Verbreitung, aber noch Luft nach oben

BIBB/BAuA-Faktenblatt 52: 20 Jahre betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM): zunehmende Verbreitung, aber noch Luft nach oben
BIBB/BAuA-Faktenblatt 52: 20 Jahre betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM): zunehmende Verbreitung, aber noch Luft nach oben

Zwei Jahrzehnte nach der Einführung des Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) zeigt die aktuelle BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2024 einen positiven Trend: Die Verbreitung des BEM ist auf 52 Prozent gestiegen. Doch trotz dieser Entwicklung bleibt die Umsetzung ausbaufähig, da weiterhin rund die Hälfte der Anspruchsberechtigten kein entsprechendes Angebot erhält. Besonders mittlere und große Betriebe sowie der öffentliche Dienst treiben den Ausbau voran. Deutlich erkennbar ist, dass Betriebe mit Gesundheitsfokus Vorreiter bei der BEM-Umsetzung sind. BIBB/BAuA-Faktenblatt 52

Im Dialog zurück ins Arbeitsleben: Der Mensch im Zentrum des RTW-Prozesses

Im Mittelpunkt eines umfassenden RTW-Prozesses stehen die zurückkehrenden Beschäftigten. Der Prozess ist ein verständigungsorientierter Dialog zwischen den Zurückkehrenden, den betrieblichen Schlüsselakteuren, den behandelnden Ärzten und ggf. Therapeuten.

Zentrale Ziele eines abgestimmten RTW-Prozesses sind:

  • günstigere Krankheitsverläufe und
  • eine nachhaltige Rückkehr.

Aus der Perspektive der Zurückkehrenden ist der RTW-Prozess ein wesentlicher Aspekt der Krankheitsbewältigung. Betrieblich gesehen ist er ein Verständigungsprozess über die Bedingungen der Rückkehr, die Gestaltung der Arbeitsbedingungen und gleichfalls ein Prozess der Organisationsentwicklung.

Vor allem die soziale Unterstützung durch Kolleginnen, Kollegen und Vorgesetzte ist ein wichtiger Faktor für eine erfolgreiche Wiedereingliederung.

Das BEM als gesetzliche Pflicht und wesentliches Element einer nachhaltigen Rückkehr in den Betrieb

Seit 2004 sind Arbeitgeber verpflichtet, länger erkrankten Beschäftigten ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) anzubieten. Für die Beschäftigten ist das BEM freiwillig. Das BEM dient dem Erhalt der Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit. Gesetzlich verankert ist das BEM in § 167 Abs. 2 SGB IX. Dort ist festgelegt, dass ein Arbeitgeber allen Beschäftigten, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind, ein BEM anzubieten hat. Hier gibt es seitens der Betriebe noch Nachholbedarf. Obwohl das Angebot eines BEM für Arbeitgeber gesetzlich verpflichtend ist, wird es nur etwa der Hälfte aller potenziell berechtigten Beschäftigten angeboten. Die Inanspruchnahme liegt allerdings bei fast 70 %, was zeigt, dass ein Bedarf bei den Beschäftigten vorhanden ist (vgl. BIBB/BAuA Faktenblatt 52: 20 Jahre betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM): zunehmende Verbreitung, aber noch Luft nach oben).

Betriebliches Eingliederungsmanagement als systemisch orientierter Prozess

Das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) ist sowohl individuelles Fallmanagement als auch Team- und Organisationsentwicklung. Ziel des BEM ist der Erhalt der Gesundheit und der bestmöglichen Arbeitsfähigkeit. Es trägt dazu bei:

  • eine bestehende Arbeitsunfähigkeit zu überwinden,
  • erneuter Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen und
  • die Arbeitsfähigkeit langfristig zu erhalten und zu fördern.

Ein systemisch orientiertes BEM agiert dabei auf vier Ebenen der Arbeitsfähigkeit:

  • auf der medizinischen Ebene mit Blick auf den Erhalt der Leistungsfähigkeit,
  • auf der psychischen Ebene mit Blick auf die Motivation und Selbstwirksamkeit,
  • auf der sozialen Ebene mit Blick auf die Unterstützung durch professionelle Helfer, direkte Vorgesetzte und Kollegen, sowie
  • auf der betrieblichen Ebene mit Blick auf die Entwicklung von Unterstützungsstrukturen und die Gestaltung von Arbeitsanforderungen bzw. -bedingungen.

Ein entsprechend organisierter BEM-Prozess ermöglicht es darüber hinaus, Früherkennung und Rehabilitation miteinander zu verknüpfen - insbesondere dann, wenn man im Falle wiederholter Arbeitsunfähigkeit frühzeitig (über-)betriebliche Unterstützung organisiert. Außerdem können die Erfahrungen aus dem BEM zur Vorbeugung chronischer Erkrankungen genutzt werden.

Ablauf eines BEM-Prozesses

Um ein Betriebliches Eingliederungsmanagement erfolgreich durchführen zu können, empfiehlt es sich, systematisch vorzugehen. Folgende Schritte sind dabei zu berücksichtigen:

Beispielhafter Ablauf des BEM-Verfahrens

  1. Feststellung der Arbeitsunfähigkeit > 6 Wochen innerhalb der letzten 12 Monate
  2. Anschreiben mit Einladung zum Erstgespräch
  3. BEM-Gespräche
  4. Maßnahmenumsetzung
  5. Abschlussgespräch und Reflexion
  6. Optional: Nachhaltigkeitsgespräch

Das Vier-Phasen-Modell der Wiedereingliederung – systemisch und systematisch

Das Vier-Phasen-Modell der Wiedereingliederung wurde für den RTW-Prozess nach psychischen Krisen entwickelt, gibt aber auch darüber hinaus gute Anregungen. Es bildet einen klar strukturierten Prozess für eine nachhaltige Rückkehr in den Betrieb. Die ersten beiden Phasen bereiten die Rückkehr in den Betrieb vor. Phase 1 (Ko-Orientierung) veranschaulicht den Aufbau einer vertrauensvollen Arbeitsbeziehung und den lösungsorientierten Dialog über erforderliche Maßnahmen und Ressourcen für die anstehende Rückkehr. Mit der betrieblichen Vorbereitung und Abstimmung dieser Maßnahmen und Ressourcen befasst sich Phase 2 (Koordinierung). In den weiteren Phasen geht es um die Rückkehr in den Betrieb und die Umsetzung der vorbereiteten Maßnahmen. Phase 3 (Kooperation) beschreibt die Rückkehr sowie die laufende Überprüfung und Anpassung der Maßnahmen und Ressourcen während der Wiedereingliederung. Phase 4 (Erneute Ko-Orientierung) nimmt die nachhaltige Sicherung der Leistungs- und Arbeitsfähigkeit in den Blick.

Abbildung Vier Phasen der Wiedereingliederung
Die vier Phasen der Wiedereingliederung im Überblick © baua:Praxis "Die Rückkehr gemeinsam gestalten – Wiedereingliederung nach psychischen Krisen", BAuA 2021

Weitere Hilfreiche Informationen für die betriebliche Praxis bietet die baua:Praxis-Broschüre "Die Rückkehr gemeinsam gestalten".

Weitere Informationen

Publikationen

baua: Praxis

Die Rückkehr gemeinsam gestalten - Wiedereingliederung nach psychischen Krisen

Erscheinungsjahr: 2021

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baua: Fakten

20 Jahre betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM): zunehmende Verbreitung, aber noch Luft nach oben

Erscheinungsjahr: 2025

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Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)

Erscheinungsjahr: 2021

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Professionelle Gesprächsführung

Erscheinungsjahr: 2021

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Psychosomatische Sprechstunde im Betrieb (PSIB)

Erscheinungsjahr: 2021

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Umsetzung des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) - Es besteht noch immer Nachholbedarf

Erscheinungsjahr: 2020

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Stufenweise Wiedereingliederung

Erscheinungsjahr: 2021

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Selbstwirksamkeit

Erscheinungsjahr: 2021

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Berichte

Psychische Erkrankungen in der Arbeitswelt: Betriebliche Wiedereingliederung aus der Perspektive der Zurückkehrenden

Erscheinungsjahr: 2021

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Rückkehr zur Arbeit nach einer psychischen Krise - Vernetzung von betrieblichen und klinischen Akteuren im Return to Work-Prozess

Erscheinungsjahr: 2019

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Aufsätze

Results of a Cochrane Review: Interventions to support return-to-work for patients with coronary heart disease

Erscheinungsjahr: 2019

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Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) bei älteren Beschäftigten in Deutschland - Ergebnisse der lidA-(Kohorten-)Studie

Erscheinungsjahr: 2025

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Socio-demographic, health, treatment, and labour market characteristics of sick-listed employees diagnosed with and treated for a mental disorder in Germany

Erscheinungsjahr: 2025

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Return to Work nach psychischen Krisen: Das Vier-Phasen-Modell der Wiedereingliederung. Eine vertiefende Erörterung von Erkenntnissen aus zwei Studien

Erscheinungsjahr: 2023

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Work Ability during the Return to Work Process: Results from a Mixed Methods Follow-Up Study Among Employees with Common Mental Disorders

Erscheinungsjahr: 2025

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Evaluating a multimodal, clinical and work-directed intervention (RTW-PIA) to support sustainable return to work among employees with mental disorders: study protocol of a multicentre, randomised controlled trial

Erscheinungsjahr: 2023

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Forschungsprojekte

ProjektnummerF 2563 StatusLaufendes Projekt Return to Work nach und mit "Long COVID"

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Forschung laufend

ProjektnummerF 2538 StatusLaufendes Projekt Intensivierte Return to Work-Nachsorge in psychiatrischen Instituts­ambulanzen von Versorgungs­kliniken (RTW-PIA)

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Forschung laufend

ProjektnummerF 2525 StatusLaufendes Projekt Formative qualitative Evaluation einer frühen Intervention am Arbeitsplatz (FRIAA) für Beschäftigte mit psychischen Krisen und Erkrankungen

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Forschung laufend

ProjektnummerF 2516 StatusAbgeschlossenes Projekt Stigmatisierung im Zusammenhang mit SARS-CoV-2 in der Arbeitswelt: Zusammenfassung des Erkenntnisstandes und Interviewstudie

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Forschung abgeschlossen

ProjektnummerF 2459 StatusAbgeschlossenes Projekt Stufenweise Wiedereingliederung (STWE): Aktuelle Umsetzung und Weiterentwicklungspotentiale

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Forschung abgeschlossen

ProjektnummerF 2367 StatusAbgeschlossenes Projekt Scoping Review zu Determinanten einer erfolgreichen betrieblichen Wiedereingliederung und systematischer Overview zu Return-to-Work-Interventionen bei Beschäftigten mit psychischen Erkrankungen

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Forschung abgeschlossen

ProjektnummerF 2385 StatusAbgeschlossenes Projekt Psychische Erkrankungen in der Arbeitswelt und betriebliche Wiedereingliederung: Mixed-Methods-Follow-Up-Studie zu Determinanten einer erfolgreichen Wiedereingliederung aus der Perspektive der Betroffenen (Projekt 2a - quantitativer Teil)

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Forschung abgeschlossen

ProjektnummerF 2386 StatusAbgeschlossenes Projekt Psychische Erkrankungen in der Arbeitswelt und betriebliche Wiedereingliederung: Mixed-Methods-Follow-Up-Studie zu Determinanten einer erfolgreichen Wiedereingliederung aus der Perspektive der Betroffenen (Projekt 2b - qualitativer Teil)

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Forschung abgeschlossen

ProjektnummerF 2397 StatusAbgeschlossenes Projekt Psychische Erkrankungen in der Arbeitswelt und betriebliche Wiedereingliederung: Evaluation des Angebots einer psychosomatischen Sprechstunde in Betrieben in Niedersachsen (Projekt 3)

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Forschung abgeschlossen

ProjektnummerF 2354 StatusAbgeschlossenes Projekt Interventionen zur Unterstützung des Return-to-Work - Prozesses (RTW) bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit

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Forschung abgeschlossen

ProjektnummerF 2414 StatusAbgeschlossenes Projekt Rückkehr zur Arbeit nach einer psychischen Krise: Vernetzung von betrieblichen und klinischen Akteuren im Return-to-Work-Prozess

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Forschung abgeschlossen

ProjektnummerF 2319 StatusAbgeschlossenes Projekt Kommunikatives Handeln als ein Faktor im Betrieblichen Eingliederungsmanagement aus der Perspektive von Koordinatoren des Return-to-Work-Prozesses - Eine qualitative Analyse zur Entwicklung eines Praxisleitfadens

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Forschung abgeschlossen

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