Was vom Gesetzgeber erlaubt ist und wann der Arbeitgeber Maßnahmen ergreifen muss
Wenn es am Arbeitsplatz zu warm ist, können das Wohlbefinden und die Gesundheit der Beschäftigten darunter leiden. Ab welchen Temperaturen, welche entsprechenden Maßnahmen erfolgen sollten, können Sie hier erfahren.
Das maßgebliche Regelwerk für die Anforderung an Arbeitsstätten ist die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV). In dieser sind die folgenden Sachverhalte bezüglich der Raumtemperaturen in Arbeitsstätten verbindlich geregelt:
- ArbStättV Anhang 3.5 Raumtemperatur
(1) Arbeitsräume, in denen aus betriebstechnischer Sicht keine spezifischen Anforderungen an die Raumtemperatur gestellt werden, müssen während der Nutzungsdauer unter Berücksichtigung der Arbeitsverfahren und der physischen Belastungen der Beschäftigten eine gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur haben.
(2) Sanitär-, Pausen- und Bereitschaftsräume, Kantinen, Erste-Hilfe-Räume und Unterkünfte müssen während der Nutzungsdauer unter Berücksichtigung des spezifischen Nutzungszwecks eine gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur haben.
Die Arbeitsstättenverordnung enthält weder Detailforderungen noch Maßzahlen. Deshalb muss der Arbeitgeber eine Gefährdungsbeurteilung nach § 3 ArbStättV durchführen, die gegebenenfalls entsprechende Schutzmaßnahmen formuliert. Dementsprechend liegt auch die Entscheidung zur möglichen Raumtemperatur unter Beachtung der o. g. Randbedingungen in der Verantwortung des Arbeitgebers. Konkrete Hinweise dafür sind u. a. im untergesetzlichen Regelwerk zu finden:
- Arbeitsstättenregel ASR A3.5 Raumtemperatur vom Juni 2010
4.2 Lufttemperaturen in Räumen
(3) "Die Lufttemperatur in Arbeitsräumen und den in Abs. 4 genannten Räumen soll +26 °C nicht überschreiten. Bei Außenlufttemperaturen über +26 °C gilt Punkt 4.4."
4.4 Arbeitsräume bei einer Außenlufttemperatur über +26 °C
Dieser Punkt enthält ein Stufenmodell für den "Sommerfall", das zeigt, wie Beschäftigte bei Lufttemperaturen in Arbeitsräumen bis +30 °C, bis +35 °C und über +35 °C weiter tätig sein können. In Abhängigkeit von der Lufttemperatur werden bestimmte Schutzmaßnahmen für die Beschäftigten notwendig. Die folgende Tabelle fast die Reglungen des Punktes 4.4 zusammen.
Lufttemperatur im Arbeitsraum | Randbedingung und Maßnahmen |
---|---|
bis +30 °C | Wenn die Außenlufttemperatur über +26 °C liegt und geeigneter Sonnenschutz bereits verwendet wird, soll der Arbeitgeber Maßnahmen nach Tabelle 4 der ASR A3.5 ergreifen. In Einzelfällen (z. B. Tragen von PSA, Verrichten schwerer Arbeit, Anwesenheit von gesundheitlich Vorbelasteten oder besonders schutzbedürftigen Beschäftigten) ist mit einer angepassten Gefährdungsbeurteilung über weitere Maßnahmen zu entscheiden. |
bis +35 °C | Wirksame Maßnahmen nach Tabelle 4 der ASR A3.5 müssen vom Arbeitgeber ergriffen werden. |
über 35 °C | Der Raum ist während der Überschreitungszeit ohne Maßnahmen wie bei Hitzearbeit (Beispiele werden in der ASR genannt) als Arbeitsraum ungeeignet. |
Ein genereller gesetzlicher Zwang zum Einhalten einer Maximaltemperatur in Arbeitsstätten besteht demnach nicht. In dem über +26 °C liegenden sogenannten Erträglichkeitsbereich ist unter bestimmten Bedingungen und mit bestimmten Schutzmaßnahmen Arbeit über die Zeit einer Schicht möglich, ohne dass gesundheitliche Störungen auftreten. Eine Bewertung der gesundheitlichen Zuträglichkeit ist insbesondere bei den in der ASR A3.5 genannten Einzelfällen in Form einer Gefährdungsbeurteilung mit einer zusätzlichen Prüfung der einzelnen Klimagrößen
- Lufttemperatur,
- Luftfeuchte,
- Luftgeschwindigkeit und
- Wärmestrahlung
oder gegebenenfalls mittels Klimasummenmaßen vorzunehmen.
Dabei sind zusätzlich
- die Arbeitsschwere,
- die überwiegende Körperhaltung,
- das Arbeitsregime (z. B. Pausenzeiten) sowie
- die Bekleidung der Beschäftigten
zu berücksichtigen. Auch spielen der persönliche gesundheitliche Zustand, die Anpassung an die Hitze (Akklimatisation) und der körperliche Wasserverlust (Dehydratation) eine wesentliche Rolle. Beachtet werden muss zudem, ob besonders schutzbedürftige Beschäftigte, wie Jugendliche, Ältere, Schwangere oder stillende Mütter, anwesend sind. Eine solche Prüfung sollte aufgrund der Komplexität der Fragestellung vor Ort von Fachleuten vorgenommen werden. Dazu ist eine Konsultation mit der Sicherheitsfachkraft, dem Betriebsarzt oder der zuständigen Behörde empfehlenswert (z. B. Gewerbeaufsichtsamt oder Unfallversicherungsträger).
Praktische Hinweise zur Messung und Bewertung der Klimakenngrößen sowie zu Schutzmaßnahmen bei der Arbeit unter Wärmeeinwirkung finden Sie in den Informationsschriften der Unfallversicherungsträger und des LASI. Beispielsweise ist in der DGUV Information 215-510 ein Nomogramm (Risikograph Klima) abgedruckt. Damit kann anhand der Lufttemperatur und der Luftfeuchte die Situation in einem Arbeitsraum schnell und einfach abgeschätzt werden.