Prävention arbeitsbedingter Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Die Möglichkeiten der Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Betrieb sind vielfältig. Sowohl primär-, sekundär- als auch tertiärpräventive Ansätze sollten dabei berücksichtigt werden.

Das derzeitige Wissen über die beruflichen Ursachen für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung spricht für die Möglichkeit, durch Maßnahmen der Arbeitsgestaltung (Arbeitsorganisation und Arbeitsplatzgestaltung) auf das Risiko für diese Erkrankungen Einfluss zu nehmen.

Wenn es um Prävention geht, also um die Vermeidung der Erkrankung, eine Verzögerung des Eintritts bzw. den gesunden Wiedereinstieg in den Beruf nach der Erkrankung, sind dementsprechend Maßnahmen der Arbeitsgestaltung und individuelle Veränderungen im Lebensstil bedeutsam. Fragen der Arbeitsgestaltung im Hinblick auf Herz-Kreislauf-Gesundheit sind Inhalt unserer verschiedener Forschungsprojekte.

Prävention im Betrieb

Für die Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen im betrieblichen Umfeld ist es wichtig, alle Akteure im Betrieb - vor allem Arbeitgeber, Beschäftigte, Betriebsärzte und Sicherheitsfachkräfte - adäquat zum Thema Arbeit und (Herz-Kreislauf-) Gesundheit zu sensibilisieren und zu informieren. Maßnahmen zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Beschäftigten können verschiedene Ansätze verfolgen und sollten unter Einbeziehung aller Interessengruppen und der Beschäftigten geplant werden.

Gefährdungbeurteilung

Gefährdungsbeurteilung ist eine wesentliche Grundlage für die Prävention. Verschiedene berufliche Risikofaktoren (zum Beispiel Stress, überlange Arbeitszeiten, Lärm, körperliche Über- oder Unterforderung) können die Entstehung einer Herz-Kreislauf-Erkrankung begünstigen. Entsprechend dem Spektrum der beruflichen Ursachen sind verschiedene Methoden der Gefährdungsbeurteilung körperlicher, psychischer und physikalischer Belastungen in diesem Zusammenhang von Bedeutung.

Betriebliche Gesundheitsförderung und arbeitsmedizinische Betreuung

Im Rahmen von Angeboten der arbeitsmedizinischen Betreuung kann das kardiovaskuläre Risiko eingeschätzt und Risikofaktoren oder bereits bestehende Erkrankungen festgestellt werden.

Bei beruflichen Belastungen, die mit einem Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung verbunden sind, wie zum Beispiel Schichtarbeit, kann das kardiovaskuläre Risiko durch den Betriebsarzt erhoben werden. Dazu fasst ein Arzt die Angaben zur Wahrscheinlichkeit eines Herzinfarkts – also Blutdruck, Blutfette, familiäre Belastung und Lebensstilfaktoren – zusammen, um Betroffene früh zu informieren und gegebenenfalls eingreifen zu können.

Im Rahmen der Aktualisierung und des Upgrades der Leitlinie "Gesundheitliche Aspekte und Gestaltung von Nacht- und Schichtarbeit" wurde der wissenschaftliche Kenntnisstand zu den Auswirkungen von Nacht- und Schichtarbeit auf die Gesundheit der Beschäftigten, also auch auf Herz und Kreislauf, zusammengefasst. Für Beschäftigte in Schichtarbeit, die bereits an Bluthochdruck und/oder einer koronaren oder vaskulären Erkrankung leiden, wird eine arbeitsmedizinische Beratung empfohlen. Beschäftigte, die nach Arbeitszeitgesetz (ArbZG) Nachtarbeit leisten, haben alle 3 Jahre Anspruch auf eine arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung, ab dem Alter von 50 Jahren jährlich.

Zu den präventiven Maßnahmen im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung gehört auch, die Gesundheitskompetenz zu stärken, z. B. durch (Lebensstil-)Beratung. Auch eine gesunde und nachhaltige Betriebsverpflegung kann sich positiv auf die Herz-Kreislauf-Gesundheit auswirken. Um Bewegungsmangel am Arbeitsplatz vorzubeugen, eignen sich darüber hinaus bewegte Pausen oder andere Angebote, die die körperliche Aktivität am Arbeitsplatz fördern. Nicht nur Bewegungsmangel, sondern auch langes Sitzen wird mit einem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung gebracht. Mit der zunehmenden Digitalisierung nimmt das lange Sitzen am Arbeitsplatz zu. Auch die Arbeit im Homeoffice und das fehlende Pendeln zum Büro können dazu beitragen. Das Forschungsprojekt F 2499 untersucht das Sitz- und Bewegungsverhalten am Arbeitsplatz und im Homeoffice.

Betriebliches Eingliederungsmanagement

Nach einer Herzerkrankung oder einem Eingriff am Herzen ist es oft möglich, wieder arbeiten zu gehen. Um eine Frühverrentung zu vermeiden, ist eine Unterstützung bei der Rückkehr zur Arbeit von großer Bedeutung.

Trotz der verbesserten medizinischen Versorgung von kardiologischen Patienten haben sich in den letzten Jahrzehnten die Integration und die berufliche Perspektive der Betroffenen nicht wesentlich verbessert. Die Rückkehr an den Arbeitsplatz nach der Erkrankung ("Return to Work") ist für die Betroffenen sehr wichtig, um ihre finanzielle Existenz abzusichern und am sozialen Leben teilhaben zu können. In Zeiten des Fachkräftemangels profitieren auch die Betriebe. Für das Gelingen des Prozesses der Wiedereingliederung spielen persönliche wie auch berufliche Faktoren eine Rolle.

Unterstützung bei Wiedereingliederung

Zu einer leitliniengerechten Versorgung der koronaren Herzkrankheit gemäß der Nationalen Versorgungsleitlinie Chronische KHK gehört die individuelle und bedarfsgerechte Beratung und Unterstützung der Betroffenen bei der beruflichen und sozialen Wiedereingliederung.

So werden beispielsweise im Rahmen der kardiologischen Rehabilitation Maßnahmen mit dem Ziel der beruflichen Wiedereingliederung angeboten, die eine möglichst dauerhafte Wiedereingliederung in das Erwerbsleben fördern sollen und somit zur Vermeidung von Berentungen wegen Erwerbsminderung beitragen können.

Auch die Gestaltung der Arbeitswelt spielt im "Return to Work"-Prozess eine wesentliche Rolle. Sowohl eine hohe körperliche Belastung als auch Stress und psychosoziale Belastung können die nachhaltige Rückkehr an den Arbeitsplatz erschweren. Betriebliche Unterstützungsangebote, zum Beispiel im Rahmen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements, bieten die Möglichkeit, Veränderungen der Arbeitsbedingungen im Sinne der Betroffenen vorzunehmen und eine nachhaltige Wiedereingliederung zu fördern. Das seit 2004 gesetzlich vorgeschriebene Angebot eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) für Beschäftigte, die längere Zeit krankgeschrieben waren, kann dazu beitragen, die Arbeitsfähigkeit zu erhalten und an den Arbeitsplatz zurückzukehren.

Das BAuA-Projekt F 2354 fand heraus, dass Rehabilitationsprogramme bestehend aus einer Kombination von Beratungs- und Bewegungsangeboten bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit zu leicht höheren Rückkehrraten bis sechs Monate nach der Behandlung führten.

Publikationen

Interventions to support return to work for people with coronary heart disease (Review)

Aufsatz 2019

Der gesamte Artikel kann in englischer Sprache von der Internetseite der "Cochrane Database of Systematic Reviews", 2019, Ausgabe 3 heruntergeladen werden: "Interventions to support return to work for people with coronary heart disease (Review)" (ggfs. kostenpflichtig).

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Forschungsprojekte

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