Televisite
Allgemeine Merkmale
Produkt
Videotelefonie-System
Zielgruppe
primär: Pflegefachpersonen in der stationären (Alten-) Pflege, im ambulanten Bereich auch nicht-ärztliche Praxisassistentinnen und -assistenten, Versorgungsassistentinnen und -assistenten, Versorgungsassistentinnen und -assistenten in der Hausarztpraxis, ambulante Pflegedienste, ambulante Palliativversorgung; Haus- und Fachärztinnen bzw. -ärzte
sekundär: Patientinnen und Patienten
Setting
ambulant, langzeitstationär
Einsatzfeld
professionelle Zusammenarbeit
Anbieterin/Anbieter
zum Beispiel: Docs in Clouds Telecare GmbH (TeleDoc-Mobile inkl. TeleDoc-Software)
Technologiebezogene Merkmale
Funktionsweise
Ein beweglicher Rollständer bietet eine ergonomische Arbeitsstation mit integrierter Webcam, eine durch Teleärztinnen bzw. -ärzte aus der Ferne steuerbare Kamera, ein Display auf der Seite der Patientin bzw. des Patienten und einen Monitor mit verschiedenen Modulen, zum Beispiel für die Messung von Blutdruck, Sauerstoffsättigung, Temperatur, Atem- und Herzfrequenz sowie ein digitales Stethoskop.
In der ambulanten Variante wird eine Tasche bereitgestellt, die ein Notebook mit integrierter Webcam, eine zusätzliche, durch Ärztin bzw. den Arzt aus der Ferne steuerbare Kamera, ein Pocket-EKG, ein digitales Stethoskop und weitere Medizingeräte enthält.
Beide hier beispielhaft vorgestellten Systeme (stationär und ambulant) werden für Telekonsultationen eingesetzt, d. h. für virtuelle Arztvisiten, die auch Point-Of-Care-Gerätediagnostik vor Ort einbeziehen. Dabei werden erhobene Messdaten in Echtzeit an Teleärztinnen bzw. -ärzte übertragen und für die Beratung zu eventuellen pflegerischen Maßnahmen genutzt.
Nutzenversprechen des Herstellers
- Aufwandsverringerung und Zeitersparnisse, da der üblicherweise notwendige Weg zur Ärztin bzw. zum Arzt entfällt
Mensch-Technik-Interaktion
Mitarbeiterin/Mitarbeiter - Technologie
Pflegende werden bei medizinischen Fragestellungen durch virtuell hinzugezogene Haus- und Fachärztinnen und -ärzte unterstützt und in die Messung von Vitalwerten, die Besprechung der Diagnosen etc. eingebunden. Dabei bilden die Pflegenden das Bindeglied zwischen Ärztin bzw. Arzt und pflegebedürftiger Person.
Pflegebedürftige Person - Technologie
Pflegebedürftige können mithilfe der Technologie Arztbesuche realisieren ohne dafür die Einrichtung oder Wohnung zu verlassen. Da die Pflegenden in der Regel die Technologie bedienen, wird ihnen ggf. vertrauliches Wissen über den Gesundheitszustand bekannt.
Dritte Personen - Technologien
Die Nutzung des Systems durch dritte Personen, z. B. An- und Zugehörige, steht nicht im Vordergrund. Vielmehr richtet sich die Technologie in erster Linie an die pflegebedürftige Person, Pflegende sowie Ärztinnen und Ärzte.
Arbeitsgestaltung
Technologie-Arbeitsumgebung
Telepflege kann anhand stationärer oder mobiler technischer Ausstattung erfolgen. Für die Pflegenden und die Ärztin/den Arzt sind i. d. R. ein Rechner mit aktuellem Betriebssystem, eine Webcam, Lautsprecher und Mikrofon erforderlich. Das System kann mithilfe entsprechender Schnittstellen in die Pflege- oder Praxissoftware integriert werden.
Technologie-Arbeitsorganisation
Durch Schnittstellen zur jeweiligen Pflege- und Praxis-Software können die Konsultationsergebnisse und eventuelle Maßnahmen automatisch in das Pflege-Dokumentationssystem übernommen werden. Zudem hat Telepflege das Potenzial, Wartezeiten und Verzögerungen, die mit dem externen Arztbesuch verbunden sind, zu reduzieren. Beides kann die Arbeitsorganisation erleichtern. Zugleich müssen die Vorbereitung des Systems und die direkte Beteiligung an der Sprechstunde als neue Aufgabenbestandteile für Pflegende in der Arbeitsorganisation berücksichtigt werden.
Recht und Sicherheit
Gesetzliche Regelungen
Das hier beispielhaft vorgestellte TeleDoc-System erfüllt die relevanten Anforderungen des Datenschutzes, ist als “Videosprechstunde” zugelassen und bei der kassenärztlichen Bundesvereinigung gelistet.
Richtlinien
Es handelt sich um ein medizinisch-elektrisches System, d. h. um eine Kombination einzelner Geräte im Sinne der “Medical Device Regulation” (MDR). Einschlägige Normen wie die IEC 60601-1 werden erfüllt.
Ökonomische Bewertung
Effektivität, Effizienz
Laut einer Studie von Czaplik und Follmann (2020) lassen sich lange Wartezeiten bzw. unnötige Wegzeiten durch den Einsatz des Telepflegesystems vermeiden. Evaluationsergebnissen zufolge können sich Teleärztinnen und -ärzte ein gutes Bild von Patientinnen und Patienten machen und rechtssicher ärztliche Maßnahmen an die Pflegenden (zum Beispiel in der Palliativversorgung) delegieren. Die Durchführung von Telekonsultationen zwischen Pflegenden und Ärztinnen bzw. Ärzten können zur effektiven Versorgungsqualität einen Beitrag leisten.
Implementierungshinweise
Schulungsanforderungen
Eine praktische Einweisung ist nötig und kann durch Selbstschulungen ergänzt werden (z. B. mit Hilfe von e-Learning-Angeboten). Die frühzeitige kollegiale Einbindung von an der Versorgung beteiligten Ärztinnen und Ärzten ist für eine erfolgreiche Etablierung essentiell. Für die Initialphase sollten besonders interessierte und technikaffine Nutzerinnen und Nutzer (friendly user) ausgewählt werden.
Infrastruktur
- ausreichende Netzabdeckung (Funknetz, W-Lan)
- Hard- und Software
Erfahrungsberichte
aus Forschungsprojekten
Für den Einsatz im Bereich der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung siehe Czaplik, M., & Follmann, A. (2020)
AIDA: https://projekt-aida.org/ bzw. https://egesundheit.nrw.de/projekt/aida/
OPTIMAL@NRW: https://www.kvno.de/ueber-uns/versorgungsprojekte/optimalnrw, https://innovationsfonds.g-ba.de/projekte/neue-versorgungsformen/optimalatnrw-optimierte-akutversorgung-geriatrischer-patienten-durch-ein-intersektorales-telemedizinisches-koopertionsnetzwerk-rund-um-die-uhr.364 bzw. https://www.ukaachen.de/kliniken-institute/innovationszentrum-digitale-medizin/projektuebersicht/optimalnrw/ [19.09.2022]
aus der betrieblichen Anwendung
https://www.heinrichs-gruppe.de/teilnahme-an-optimalnrw-studie-der-rwth-aachen
https://www.stawag.de/service/oecher-digital/#telemedizin-projekt-aachen-entlastung-zukunft
verschiedene Podcast-Folgen: https://anchor.fm/docs-in-clouds
Informationsquellen
https://docsinclouds.com/telecare/teledoc-mobile/ [19.09.2022]
Czaplik, M., & Follmann, A. (2020). Evaluation eines telemedizinischen Systems in der spezialisierten ambulanten Palliativ-Versorgung (SAPV) [308]. Zeitschrift für Palliativmedizin, 21(05), 117.
Follmann A. et al. (2021). Reducing Loneliness in Stationary Geriatric Care with Robots and Virtual Encounters-A Contribution to the COVID-19 Pandemic. Int J Environ Res Public Health; 18(9):4846.
Fuchs-Frohnhofen, P. et al. (2020). Anwendungschancen innovativer Technologien für Pflegeeinrichtungen. Verlag der MA&T Sell & Partner GmbH, Würselen.
Geier, J. et al. (2019). Wie Pflegekräfte im ambulanten Bereich den Einsatz von Telepräsenzsystemen einschätzen. Pflege, 33 (1), 43–51.
Ohligs M. et al. (2020). Employment of Telemedicine in Nursing Homes: Clinical Requirement Analysis, System Development and First Test Results. Clin Interv Aging. 2020;15:1427-1437.
Souza-Junior, V. D. et al. (2016). Application of telenursing in nursing practice: an integrative literature review. Applied Nursing Research, 29: 254-260.