Ambient Intelligence (AmI) in der Arbeitswelt - Adaptive Arbeitsassistenzsysteme (AAS)
In ihrem Forschungs- und Entwicklungsprogramm 2010 bis 2013 hat die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) neue Informations- und Kommunikationstechnologien in der Arbeitsumgebung (Ambient Intelligence - AmI) als einen ihrer prioritären Forschungsschwerpunkte benannt. Sie greift damit den Forschungsbedarf auf, der im Zukunftsreport "Arbeiten in der Zukunft - Strukturen und Trends der Industriearbeit" des Büros für Technikfolgenabschätzung im Deutschen Bundestag (TAB) für die beiden Schlüsseltechnologien "Bio- und Nanotechnologie" und "Ambient Intelligence" aufgezeigt wurde und entwickelt ihn aus der Perspektive des Arbeitsschutzes und der Arbeitsmedizin weiter. Schwerpunkt der Forschung in der BAuA wird die Folgenabschätzungen zu Chancen und Risiken neuer I&K-Technologien in der Arbeitsumgebung sowie ihrer Auswirkungen auf Arbeitssysteme.
Die bisherige Forschungsförderung zum Themengebiet Ambient Intelligence konzentrierte sich insbesondere im sechsten Rahmenprogramm der EU (2002 bis 2006) schwerpunktmäßig auf die Entwicklung von Grundlagentechnologien (z. B. Hardware: Sensoren und Aktoren). In jüngerer Vergangenheit spielen Fragen der Software und der Auswirkung unsichtbarer allgegenwärtiger Technologien eine zunehmen wichtigere Rolle (vgl. siebtes Rahmenprogramm der EU). Im Consumer-Bereich hat sich mittlerweile ein Forschungsfeld unter dem Begriff AAL (Ambient Assisted Living) etabliert, in dem die Entwicklung von I&K-Technologien und Dienstleistungen für das alltägliche Leben älterer Menschen im Mittelpunkt steht. Demgegenüber ist für den Arbeitsbereich festzustellen, dass praxisorientierte, arbeitswissenschaftlich relevante Fragestellungen im Themenbereich AmI aktuell nur vereinzelt und unsystematisch betrachtet werden.
Ein maßgeblicher Grund hierfür ist sicher, dass der Etablierung des Begriffes Ambient Intelligence in der Politik und der Forschungsförderung nach wie vor eine überschaubare Anzahl an realistischen Anwendungsszenarien gegenübersteht. Die BAuA sieht hier jedoch eine besondere Chance, Entwicklungen im Bereich von Ambient Intelligence als Arbeitsassistenzsysteme zu begreifen, und Auswirkungen auf Mensch-Maschine-Interaktionen, Arbeitsabläufe und Prozesse sowie die Leistungsfähigkeit des gesamten Arbeitssystems nicht korrektiv, sondern noch vor einer weit verbreiteten Einführung in der Arbeitswelt beeinflussen zu können.
Arbeitsassistenz durch Ambient Intelligence
Trotz aller aus verschiedenen Perspektiven hohen Attraktivität des Themenfeldes Ambient Intelligence wird der Begriff definitorisch unscharf verwendet. Für die praxisorientierte Forschung ist aber von Bedeutung, dass konkrete I&K-Technologien (z. B Wearable IT - "intelligente" Kleidung) oder arbeitswissenschaftlich relevante Themenfelder (z. B. Augmented Reality, angereicherte/erweiterte Realität) als relevante Themengebiet von Ambient Intelligence verstanden werden müssen. Vor diesem Hintergrund baut die BAuA ihre Forschung auf der folgenden, sowohl pragmatischen wie praxisorientierten Definition von Ambient Intelligence auf.
Unter dem Begriff "Ambient Intelligence (AmI)" werden Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten summiert, deren Ziel die Erweiterung der Lebens- und Arbeitsumgebung um sogenannte intelligente Funktionen ist. Dies erfolgt durch die Vernetzung von Sensoren, Aktoren und Computerprozessoren mittels Telemetrie, so dass Wohlbefinden, Gesundheit und Leistungsfähigkeit im Arbeits- und Privatleben durch die Technologie unterstützt und gefördert.
Für die praxisorientierte Forschung der BAuA bestehen besonders hervorzuhebende Merkmale bei AmI
- in der telemetrisch bereit gestellten Information, die den Menschen insbesondere im Arbeitsleben unterstützen soll und
- in einer vom Zustand des Benutzers und/oder der Arbeitsumgebung (einschließlich der Arbeitsaufgabe) abhängenden Bereitstellung der Informationen.
Beide Aspekte der Definition heben die Assistenzfunktion von Ambient Intelligence-basierten I&K-Technologien hervor. Die BAuA betont damit den humanzentrierten Ansatz der Technologieentwicklung, bei der sich Produkte und Umgebungen adaptiv und (weitgehend) autonom an Voraussetzungen, Bedürfnisse und Ziele des Nutzers anpassen.
Die Abbildung gibt einen Überblick über die aktuellen Projektbündel bzw. Projektvorhaben zum Forschungsschwerpunkt "Ambient Intelligence" und verdeutlicht, dass die BAuA zwischen AmI-basierten Produkten und der Anwendung von AmI-Systemen in der Arbeitsumgebung, aktuell vor allem zur Umgebungssteuerung unterscheidet. Übergeordnete Fragen liegen in der arbeitspsychologischen und medizinischen Wirkung AmI-basierter Technologien, der Sicherheit solcher Systeme und ethischen Fragen der Anwendung.
Alle im Forschungsschwerpunkt AmI zusammengefassten Projektbündel verfolgen das gemeinsame Ziel, Chancen und Risiken von AmI-basierten Arbeitsassistenzsystemen aus der Perspektive der Arbeitswissenschaft und der Arbeitsmedizin zu erkennen und zu bewerten. Hierunter sind Auswirkungen sowohl auf den Menschen im Arbeitsprozess (Gesundheit und Leistungserstellung) als auch auf das Arbeitssystem (Sicherheit, Leistungsfähigkeit) zu verstehen. In dieser Hinsicht leisten alle Projekte bzw. Projektbündel einen Beitrag zur Technikfolgenabschätzung von AmI-basierten Systemen.
Nachfolgend werden die einzelnen Projektbündel kurz charakterisiert. Die meisten der Projektvorhaben werden durch BAuA eigene Forschung bearbeitet sowie durch extramural vergebene Fremdforschung unterstützt.