Messung von otoakustischen Emissionen zur Früherkennung eines lärmbedingten Gehörschadens

Es war das Ziel des vorliegenden Projektes, mit Hilfe der Ableitung von otoakustischen Emissionen (OAE, d. h. TEOAE/DPOAE) die konventionell bestimmte Ruhehörschwelle (Reintonaudiogramm - RTA) für normalhörende Personen und Personen mit Hörstörungen von der Art einer lärmbedingten Innenohrschädigung zu schätzen und so einen Beitrag zur Aufklärung des Zusammenhangs zwischen Lärmbelastung und Veränderung der OAEs zu leisten. Dabei wurden zwei Hauptgruppen gebildet, die gleich altersverteilt waren (Gruppe A – 159 Normalhörende; Gruppe B - 138 Innenohrschwerhörige). Die Lärmbelastung innerhalb der Gruppen war unterschiedlich verteilt. Es konnte nachgewiesen werden, dass das Geschlecht der Probanden einen signifikanten Einfluss auf die untersuchten Parameter hatte. Dies könnte die Folge der höheren beruflichen und außerberuflichen Lärmexposition der Männer bzw. des geringeren Alters der weiblichen Teilnehmer der untersuchten Studienpopulation sein. Bei dem weiblichen Teil der Probanden unterschieden sich altersunabhängig alle TEOAE-Parameter statistisch signifikant zwischen Gruppe A und Gruppe B. Dahingegen waren alle DPOAE-Daten - mit Ausnahme der Ergebnisse bei 2 kHz - nicht signifikant unterschiedlich zwischen den Gruppen A und B. Auch bei den männlichen Probanden unterschieden sich alle TEOAE-Parameter statistisch signifikant zwischen Gruppe A und Gruppe B. Im Gegensatz zu den Frauen unterschieden sich hier zusätzlich die DPOAE-Daten in den Frequenzen 1 kHz und 2 kHz. Generell zeigte sich eine schwache Korrelation zwischen den OAE- und RTA-Parametern, wobei sie am stärksten für die Einzelparameter BandRepro und SNR zu RTA (KL/LL) bei 1 kHz bis 4 kHz ausgeprägt war. Eine Berechnung der RTA-Hörschwelle aus den OAE-Parametern mit einem linearen Regressionsmodell lässt sich anhand der vorliegenden Daten für die Praxis noch nicht empfehlen. Hierfür bedarf es weiterer Untersuchungen.

Langjährige Lärmbelastung scheint bei Männern zusammen mit dem Absinken der RTA-Hörschwelle zu einer Reduktion der messbaren TEOAE-Parameter, aber nicht der DPOAE-Parameter zu führen. Es ergaben sich Hinweise darauf, dass eine moderate Lärmbelastung (zwischen 75 dB und 85 dB) bei Frauen zu einer Reduzierung der gemessenen OAE-Parameter - speziell der TEOAE - führen könnte, bevor die Hörverluste in der RTA evident werden. Es könnte lohnenswert sein, diesen Aspekt in der Forschung weiter zu verfolgen.

Das wichtigste Ergebnis des gesamten Projektes besteht in der überraschenden Feststellung, dass die scheinbar enge Korrelation zwischen der reintonaudiometrisch bestimmbaren Ruhehörschwelle und den Ergebnissen der OAE-Messungen (TEOAE und DPOAE) so nicht durchgehend besteht.

Allgemein scheinen sich ausschließlich TEOAE zur objektiven Bestimmung des lärmbedingten Haarzellschadens zu eignen, DPOAEs sind vermutlich nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit dafür geeignet. Da sich im Rahmen unserer Untersuchungen die Ableitung von TEOAE als praxistaugliche, schnelle und effiziente objektive Methode zur Ermittlung der Hörschwelle, auch bei Innenohrschwerhörigen, erwiesen hat, sollte dieser Methode - neben der RTA als "Basisdiagnostikinstrument" - der Vorrang vor den überschwelligen Verfahren in der Beurteilung des lärmgeschädigten Gehörs gegeben werden. Nach kurzzeitiger Beschallung mit weißem Rauschen zeigten die laut Reintonaudiogramm sehr gut hörenden Personen wesentlich weniger häufig Indikationen eines vulnerablen Innenohres als die schwerhörigen Studienteilnehmer gleichen Alters und gleicher langjähriger Lärmbelastung. Dieses Ergebnis konnte statistisch nicht abgesichert werden, gibt aber einen Hinweis darauf, dass Personen mit lärmbedingten Hörminderungen eventuell a priori vulnerable Ohren haben oder im Laufe der Lärmexposition entwickeln.

Bibliografische Angaben

Titel:  Messung von otoakustischen Emissionen zur Früherkennung eines lärmbedingten Gehörschadens. 

Verfasst von:  A. Ernst, D. Basta

1. Auflage.  Dortmund:  Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 2006.  Seiten: 162, Projektnummer: F 5164, Papier, PDF-Datei

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