Emissionsermittlung, biologische Wirkung gepulster Exposition und Schutzkomponenten
In einem dreijährigen BAuA-Forschungsprojekt wurde untersucht, welche Gefährdungen durch optische Strahlung beim Schweißen auftreten können, welche Konsequenzen sich daraus für den Arbeitsschutz im Sinne der OStrV ergeben und welche Schutzmaßnahmen empfehlenswert sind.
Die Fügetechnik Schweißen ist das am häufigsten in der Industrie verwendete Verfahren zum thermischen Verbinden zweier Metalle. Nach wie vor schreitet die schweißtechnologische Entwicklung stetig voran, raffinierte Prozessvarianten entstehen und moderne Hybridverfahren halten Einzug in den betrieblichen Alltag.
Mit der neuen "Drehscheibe Lichtbogenschweißen" können Sicherheitsfachkräfte schnell und unkompliziert eine Gefährdungsbeurteilung hinsichtlich der UV-Strahlung am und in der Umgebung von Schweißarbeitsplätzen durchführen. Aber auch für den Schweißer selbst bietet die Drehscheibe die Möglichkeit, die Strahlungsgefährdung des Lichtbogens besser einschätzen zu können.
In Deutschland wurde im Jahr 2011 die Zahl der Schweißer auf ca. 260.000 und europaweit auf nahezu eine Million geschätzt, so zu lesen im Gutachten "Gesamtwirtschaftliche und sektorale Wertschöpfung aus der Produktion und Anwendung von Fügetechnik in Deutschland und Europa", 2013 vom Deutschen Verband für Schweißen (DVS) in Auftrag gegeben.
Ausgangspunkt
Die nationale Umsetzung der EU-Richtlinie 2006/25/EG durch die Arbeitsschutzverordnung zu künstlicher optischer Strahlung (OStrV) legt für Arbeitsplätze, die gegenüber optischer Strahlung exponiert sind, verbindliche Expositionsgrenzwerte fest, deren Einhaltung im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung, insbesondere auch für Schweißarbeitsplätze, zu prüfen ist.
Die Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung ist nach aktuellem Stand der Technik oft nicht einfach und kann mit erheblichem messtechnischem Aufwand verbunden sein. So kann die Emission optischer Strahlung vom Lichtbogen für verschiedene Schweißverfahren deutlich unterschiedlich sein: bei Elektrodenverfahren sehr intensiv mit einer Überschreitung der UV-Expositionsgrenzwerte in Bruchteilen einer Sekunde, aber auch wesentlich geringer, z. B. beim Gasschweißen, bei dem die UV-Expositionsgrenzwerte für einen 8h-Arbeitstag eingehalten werden können. Darüber hinaus kann die emittierte Strahlung zeitlich veränderlich (intermittierend) sein.
Neben dem Schutz des Schweißers, für den eine sichere Anwendung von Schweißverfahren in der Regel nur durch den Einsatz persönlicher Schutzmaßnahmen erfolgen kann, sind auch Beschäftigte zu schützen, die sich in der Nähe von Schweißarbeitsplätzen aufhalten können. Dazu gehören unter anderem Kranführer, Gabelstaplerfahrer, Beschäftigte auf Verkehrswegen oder an benachbarten Arbeitsplätzen. Denn intensive optische Strahlung kann auch noch in relativ großen Entfernungen gefährlich sein.
Projektbündel
Übergeordnetes Ziel des dreiteiligen BAuA-Forschungsprojektes, durchgeführt im Zeitraum von 2015-2018, war die Verbesserung des Schutzes von Beschäftigten vor Gefährdungen durch optische Strahlung an und in der Nähe von Schweißarbeitsplätzen.
Emissions- und Expositionsermittlung
In einer umfassenden Messkampagne wurde die optische Strahlungsemission der am häufigsten in Betrieben verwendeten Schweißverfahren, darunter auch CO2- und Faserlaserschweißen, unter praxisüblichen Verfahrensparametern erfasst. Fokus der Untersuchungen lag hierbei auf der Variation der Schweißstromstärke. Ergebnis dieses ersten Teilprojektes war die Ableitung mathematischer Emissionsmodelle. Um diese Modelle für die betriebliche Praxis besser handhabbar zu machen, wurde die "Drehscheibe Lichtbogenschweißen" entwickelt. Nach Einstellen des Schweißverfahrens und des Schweißstromes kann mit dieser praktischen Handlungshilfe die Zeit bis zur Überschreitung des UV-Expositionsgrenzwertes im Abstand von 1 m (Schweißhelfer) und 3 m (betrieblicher Verkehrsweg) abgelesen werden.
Dabei können für UV-Strahlung die Expositionsgrenzwerte bereits im Millisekundenbereich überschritten werden. Eine Grenzwertüberschreitung für Blaulicht erfolgt ebenfalls schon nach kurzer Zeit und liegt im Bereich von 1 bis 5 s. Von infraroter Strahlung geht eine vergleichsweise geringere Gefährdung aus: Der Zeitraum bis zur Überschreitung des Expositionsgrenzwertes liegt im Bereich von 1 bis 100 Minuten, ist jedoch für einen 8h-Arbeitstag nicht zu vernachlässigen.
Projekt F 2368 Optische Strahlungsbelastung beim Schweißen - Erfassung und Bewertung
Biologische Wirkung gepulster Strahlung
Da die vom Lichtbogen emittierte optische Strahlung stark intermittierend (zeitlich veränderlich) ist, stellt sich die Frage nach der Bewertung dieser inkohärenten Strahlung im Hinblick auf Gefährdungen für Beschäftigte. Aktuell werden hierfür Regelungen aus dem Bereich der Laserstrahlung verwendet, jedoch ohne wissenschaftliche Überprüfung deren Übertragbarkeit. Im Rahmen des zweiten Teilprojektes wurde diese Problematik durch ein wissenschaftliches Gutachten aufgegriffen und bestätigt. Experimentelle Voruntersuchungen an biologischem Material zeigten eine um ca. 30 % erhöhte Desinfektionsrate von gepulster im Vergleich zu kontinuierlicher inkohärenter optischer Strahlung, wohingegen in-vitro UV-Hautbestrahlungen keinen signifikanten Unterschied in der Schadensinduktion und der Reparaturkapazität zwischen den beiden Strahlungsarten feststellen konnten. Die Apoptose-Induktion wies jedoch eine deutliche Abhängigkeit von diversen Strahlungsparametern, darunter Impulsdauer und Impulswiederholfrequenz, auf.
Projekt F 2377 Biologische Wirksamkeit von gepulster inkohärenter optischer Strahlung
Wirksamkeit von Schutzkomponenten
Schwerpunkt des dritten Teilprojektes war die Untersuchung der Transmissions- und Reflexionseigenschaften von Schutzkomponenten an und in der Nähe von Schweißarbeitsplätzen im Hinblick auf ihre Wirksamkeit. Dabei konnten Oberflächen (Wandanstriche, Bodenbeläge, Arbeitsmaterialien, etc.) identifiziert werden, die zu einer deutlichen Expositionserhöhung am Schweißarbeitsplatz führen können.
Die Untersuchung der Transmissionseigenschaften von Schweißerschutzkleidung zeigte eine starke Abhängigkeit von der Flächendichte des Gewebes. Die Stoffe der untersuchten Stichprobe können jedoch, abgesehen von wenigen Ausnahmen, als UV-dicht betrachtet werden und erfüllen damit die Anforderungen an den textilen UV-Schutz. Zur Bewertung ihrer Schutzeigenschaften gegenüber künstlicher UV-Strahlung wurde auf Basis des solaren UV-Schutzfaktors (UPF) eine modifizierte Form, der wUPF (engl. welding), entwickelt.
Projekt F 2422 Anforderungen für Schutzkomponenten beim Schweißen