Verletzung von Ruhezeiten und -pausen

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Einführung

Erholungszeiten, also Ruhe- und Pausenzeiten, sind notwendig, um die tätigkeitsbedingte Beanspruchung durch Erholung wieder auszugleichen. So können physische und psychische Leistungsvoraussetzungen wiederhergestellt werden. Dabei bestimmt die Gestaltung der Länge, Lage und Flexibilität der Arbeitszeit unweigerlich die Zeit, in der nicht gearbeitet wird. Die Länge der Arbeitszeit definiert die Länge der Ruhezeit, die Lage der Arbeitszeit definiert die Lage der Ruhezeit und die Flexibilität der Arbeitszeit bestimmt darüber hinaus, wie sehr Arbeitszeit- und Ruhezeit ineinandergreifen.

Ruhezeitenverletzung (Verkürzung, Unterbrechung, Aufschub)

Ruhezeit beschreibt die Zeit zwischen Arbeitsende und Arbeitsbeginn am nächsten Tag bzw. der nächsten Schicht. Dabei ist die Ruhezeit nicht gleichzusetzen mit der Zeit, in der Beschäftigte sich tatsächlich ausruhen können. In dieser Zeit fahren die Beschäftigten meist zur Arbeit und zurück, kommen ihren privaten Verpflichtungen und sozialen und sonstigen Aktivitäten nach. Die gesetzlich festgelegte Mindestruhezeit von 11 Stunden ist daher bereits knapp bemessen. Trotzdem kommt es bei 20 % der Beschäftigten mindestens einmal im Monat zu einer Verkürzung dieser Ruhezeit auf unter 11 Stunden (BACKHAUS et al., 2019). In einigen Schichtplänen werden verkürzte Ruhezeiten, sog. „Quick Returns“ eingeplant, bei denen auf eine Spätschicht eine Frühschicht folgt. Verkürzte Ruhezeiten in diesen rückwärtsrotierenden Schichtsystemen sind mit verstärkten gesundheitlichen Beschwerden verbunden (z. B. NACHREINER et al., 2010; TUCKER & FOLKARD, 2012). Insgesamt geben Beschäftigte mit verkürzten Ruhezeiten häufiger psychosomatische Beschwerden wie Rückenschmerzen, Schlafstörungen oder emotionale Erschöpfung und auch eine schlechtere Work-Life-Balance als die übrigen Beschäftigten an (Abb. 10.4-1). Bei dauerhaften Kürzungen der Ruhezeit ist von daher von einem erhöhten Risiko für die körperliche und psychische Gesundheit sowie für Unfälle auszugehen (z. B. TUCKER & FOLKARD, 2012).

Abb. 10.4-1 Psychosomatische Beschwerden bzw. Work-Life-Balance nach verkürzten Ruhezeiten, Mittelwerte mit Fehlerbalken für 99-%-Konfidenzintervall (BAuA-Arbeitszeitbefragung 2017, nur Vollzeitbeschäftigte, n = 5 958; BACKHAUS et al., 2019)

Darüber hinaus können Aspekte der Arbeitszeitflexibilität – wie z. B. erweiterte arbeitsbezogene Erreichbarkeit – dazu führen, dass Ruhezeiten unterbrochen werden, dadurch das Beschäftigte aus arbeitsbezogenen Gründen kontaktiert werden oder eine Arbeitstätigkeit aufnehmen – sei es von sich aus, da z. B. die Arbeitsmenge in der vorhergesehenen Zeit nicht zu schaffen ist, oder weil dies von betrieblicher Seite erforderlich ist, wie z. B. bei der Rufbereitschaft.

Während die Ruhezeit zwischen den Arbeitstagen oder am Wochenende sicherstellen soll, dass Beanspruchungen durch die Arbeit wieder durch Erholung kurzfristig ausgeglichen werden können, ermöglicht Urlaub darüber hinaus Erholung über mehrere Tage oder Wochen in Folge. Aufgrund von Saisonarbeit oder Auftragsspitzen kann es dazu kommen, dass Ausgleichszeiten aufgeschoben werden oder Überstunden und Urlaubstage auf ein Langzeitkonto eingehen.

Ruhepausenverletzung (Ausfall, Verkürzung, Aufschub)

Ruhepausen sind definiert als im Voraus feststehende Unterbrechungen der Arbeit während der Arbeit. Ruhepausen sollen Zeit zur Erholung und zur Nahrungsaufnahme und zur Pflege sozialer Kontakte bieten. Beschäftigte müssen sich während der unbezahlten Ruhepause nicht zur Arbeit bereithalten und können selber entscheiden, wo und wie sie die Ruhepause verbringen. Bei einer Arbeitszeit von über 6 Stunden müssen die Ruhepausen insgesamt mindestens 30 Minuten, bei über 9 Stunden insgesamt mindestens 45 Minuten betragen (ArbZG, 1994). Ein Viertel der Beschäftigten lässt häufig Pausen ausfallen (BEERMANN et al., 2018). Der Aufschub oder Ausfall von Ruhepausen während eines Arbeitstags erhöht das Risiko für Unfälle (z. B. FISCHER et al., 2017; TUCKER & FOLKARD, 2012; WAGSTAFF & LIE, 2011). Langfristig kann Pausenausfall mit Gesundheits- und Befindensbeeinträchtigungen einhergehen (WENDSCHE & LOHMANN-HAISLAH, 2016).

Neben den gesetzlich festgelegten Ruhepausen gibt es u. a. noch Kurzpausen, die durch ihre kurze Dauer von maximal 15 Minuten definiert sind (RAU, 2011; WENDSCHE & LOHMANN-HAISLAH, 2016). Kurzpausen sind bezahlte, rechtlich abgesicherte Arbeitsunterbrechungen und werden bei besonderer Belastung bzw. Beanspruchung angeordnet. Kurzpausen können Muskel-Skelett-Beschwerden und psychosomatischen Beschwerden vorbeugen und schützende Effekte auf das Ermüdungserleben, auf die Stimmung und – trotz der verkürzten Gesamtarbeitszeit – auf die Arbeitsleistung haben. Die Befundlage zeigt, dass im Allgemeinen eine längere Gesamterholdauer während eines Arbeitstags mit geringeren körperlichen Beschwerden assoziiert ist (WENDSCHE & LOHMANN-HAISLAH, 2016).

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