Klima

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Ermittlung und Beurteilung - Hitze

Die Ermittlung und Beurteilung einer Gefährdung durch Hitzeeinwirkungen erfordert eine komplexe Erhebung verschiedener Einflussgrößen und eine individuelle Beurteilung, wofür i. d. R. Klimasummenmaße verwendet werden. Dabei müssen die verschiedenen Umgebungsbedingungen berücksichtigt werden.

Einflussgrößen

Einflussgrößen der thermischen Belastung sind:

  • Lufttemperatur
  • Luftfeuchtigkeit
  • Luftgeschwindigkeit
  • Wärmestrahlung
  • energetische Arbeitsbelastung
  • Wärmeisolation der Bekleidung
  • Expositionszeit

Klimasummenmaße

Klimasummenmaße sollen die durch verschiedene Einflussgrößen bedingte komplexe thermische Beanspruchung des Menschen in einem Zahlenwert zusammenfassen.

Beurteilungsmaßstäbe

Als Beurteilungsmaßstab im Hitzeklima können die Klimasummenmaße nach DIN 33403-3 dienen:

  • Normal-Effektivtemperatur NET (ohne Wärmestrahlung, normale Kleidung)
  • Basis-Effektivtemperatur BET (ohne Wärmestrahlung, Arbeit mit unbekleidetem Oberkörper)
  • WBGT-Index (Wet Bulb Globe Temperature, mit Wärmestrahlung, Anlage 4)
  • vorhergesagte Wärmebeanspruchung PHS (DIN EN ISO 7933, Anlage 6)

Die zur Ermittlung der Klimasummenmaße erforderlichen Klimagrößen werden in DIN SPEC 33428 sowie DIN EN ISO 7726 beschrieben.

Berücksichtigung der Umgebungsbedingungen

Bei der Anwendung der Klimasummenmaße muss berücksichtigt werden, dass sie nicht bei allen Umgebungsbedingungen zuverlässige Orientierungswerte liefern.

Die Normal-Effektivtemperatur unterschätzt die Klimabelastung im trocken-warmen Klimabereich und berücksichtigt die Belastung durch Wärmestrahlung nicht. Sie wird aus einem Nomogramm ermittelt und in den Auswahlkriterien für die arbeitsmedizinische Vorsorge als Klimamaß für die Angabe von Richtwerten verwendet (siehe [17] DGUV Empfehlungen für arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen bzgl. Hitzearbeiten). Hinweise zur Anwendung von NET enthält z.B. die DGUV Information 213-002 und die DIN SPEC 33428. 

Die Anwendung der Basis-Effektivtemperatur ist besonders im feucht-warmen Klima durch Erfahrungswerte aus dem Bergbau abgesichert, berücksichtigt aber ebenfalls die Belastung durch Wärmestrahlung nicht.

Der WBGT-Index ist relativ einfach zu erfassen. Er ist für die Bewertung zeitlich konstanter Klimabedingungen geeignet.

Das Klimasummenmaß "Vorhergesagte Wärmebeanspruchung" beruht auf einem physiologischen und physikalischen Modell der Wärmeabgabe des Menschen an die Umgebung und berücksichtigt alle Einflussgrößen der thermischen Belastung (vgl. Abb. 7.1-4). Es bestimmt die für den Ausgleich der Wärmebilanz (Wärmeabgabe = Wärmezufuhr) erforderliche Schweißabgabe und erlaubt es, innerhalb eines weiten Bereichs der Klimaparameter maximale zulässige Expositionsdauern abzuschätzen (Anlage 6: Berechnung der vorhergesagten Wärmebeanspruchung - PHS).

Abbildung 7.1-4 PHS-Modell nach DIN ISO 7933 - vorhergesagte Wärmebeanspruchung des Menschen (PHS - Predicted Heat Strain)

Orientierungswerte für die Erträglichkeit von Klimabelastungen

Ermittlung der Erträglichkeitsgrenze

In Tabelle 7.1-3 sind Orientierungswerte für die Erträglichkeitsgrenze anhand des WBGT-Indexes (siehe Anlage 4) angegeben. Zur Einstufung des Arbeitsenergieumsatzes ist Tabelle 1 der DIN 33403-3 anzuwenden. Die Orientierungswerte gelten für eine achtstündige Expositionszeit bei konstanten Klimabedingungen. Bei zeitlich schwankenden Klimabelastungen ist ein angemessen langer Beurteilungszeitraum zu betrachten (siehe DIN EN ISO 2743).

Tabelle 7.1-3 WBGT-Richtwerte für fünf Klassen von Energieumsatzniveaus für akklimatisierte und nicht akklimatisierte Personen (nach DIN EN ISO 7243)
Energieumsatz
(Klasse)
Energieumsatz
[W]
WBGT-Richtwert für akklimatisierte Personen
[°C]
WBGT-Richtwert für nicht akklimatisierte Personen
[°C]
Klasse 0
Energieumsatz im Ruhe-zustand
1153332
Klasse 1
Niedriger Energieumsatz
1803029
Klasse 2
Mittlerer Energieumsatz
3002826
Klasse 3
Hoher Energieumsatz
4152623
Klasse 4
Sehr hoher Energieumsatz
5202520

Wärmestrahlung

Belastungen durch technisch bedingte Wärmestrahlung lassen sich nicht immer ausschließen. Grenzwerte zum Schutz vor Schädigungen durch die Einwirkung optischer Strahlung sind in der EU-Richtlinie 2006/25/EG "Künstliche optische Strahlung" festgelegt und durch die Arbeitsschutzverordnung zu künstlicher optischer Strahlung OStrV in Deutschland rechtsverbindlich umgesetzt. Orientierungswerte der Belastungsgrenzen durch Wärmestrahlung sind zudem in Bild 5 der DIN 33403-3 für Dauerbelastung (Achtstundenschicht) und in Bild 6 der DIN 33403-3 für Kurzzeitbelastung (bis 1,5 Stunden) angegeben. In der Empfehlung des IFA 2011 [15] wird das abgestimmte Zusammenwirken zwischen der Norm DIN 33403-3 und den Rechtstexten dargestellt.

Effektive Bestrahlungsstärke

Durch Wärmestrahlung nimmt der Mensch aus seiner Umgebung Wärme auf und gibt gleichzeitig Wärme ab. Die Differenz zwischen der durch Strahlung zugeführten und der durch Strahlung abgeführten Wärmestromdichte wird effektive Bestrahlungsstärke Eeff genannt. Sie wird aus Gründen einer einheitlichen Bezugsbasis auf eine Haut- oder Oberflächentemperatur des Menschen von 32 °C bezogen. Sie stellt damit den auf diese Basis bezogenen, aus Wärmestrahlung resultierenden Wärmestrom je Fläche dar.

Die Wärmestrahlungsexposition kann in Abhängigkeit von der effektiven Bestrahlungsstärke (siehe DIN 33403-3) grob in drei Bereiche (A, B, C) unterteilt werden.

(A) Eeff =< 35 W/m²:

Ist die mittlere effektive Bestrahlungsstärke nicht höher als 35 W/m², so hat die Wärmestrahlung keinen zusätzlich arbeitsbelastenden Einfluss. Hier sind die übrigen Klimaparameter insbesondere Lufttemperatur und Luftfeuchte ausschlaggebend. Arbeitsenergieumsätze bis zu 300 W sind möglich.

(B) 35 W/m² < Eeff =< 300 W/m²:

In diesem Wertebereich der mittleren effektiven Bestrahlungsstärke ist eine Dauerexposition nur bei Arbeitsenergieumsätzen unterhalb der in Abbildung 7.1-5 eingetragenen Geraden möglich (Bereich 1). Oberhalb dieser Geraden sind Muskelerholzeiten erforderlich (Bereich 2). Ein Verbleib im Wärmestrahlungsbereich ist möglich.

(C) Eeff > 300 W/m²:

Bei mittleren effektiven Bestrahlungsstärken oberhalb von 300 W/m² sind in jedem Fall Entwärmungsphasen erforderlich (Bereich 3). Eine Dauerexposition ist nicht zulässig. Bei höherer Bestrahlungsstärke ist auch bei kurzer Einwirkung auf die ungeschützte Haut u. U. eine Verbrennungsgefahr gegeben.

Abbildung 7.1-5 Orientierungsbereich für die Wärmestrahlungsexposition in Abhängigkeit vom Arbeitsenergieumsatz AU (nach DIN 33403-3)

Unbekleidete Hautpartien

Auf unbekleidete Hautpartien darf Wärmestrahlung nicht unbegrenzt einwirken. Abbildung 7.1-6 ist zu entnehmen, ob eine Wärmestrahlungs-Schutzkleidung zum Schutz vor Verbrennungen getragen bzw. ob die Zeitspanne des Arbeitseinsatzes ohne Verwendung von Schutzkleidung begrenzt werden muss (siehe auch Empfehlung des IFA 2011 [16]).

Abbildung 7.1-6 Schmerzgrenze der unbekleideten Haut in Abhängigkeit von der Bestrahlungsstärke und der Expositionszeit (nach DIN 33403-3), Angaben Zeit in Sekunden [s] und effektive Bestrahlungsstärke Eeff in 103 W/m²

Arbeitsmedizinische Vorsorge

Arbeitgeber haben für Beschäftigte, die einer extremen Hitzebelastung ausgesetzt sind, arbeitsmedizinische Pflichtvorsorge zu veranlassen (siehe § 4 Absatz 1 in Verbindung mit Anhang Teil 3 Absatz 1 Nummer 1 ArbMedVV). Das wird mit der AMR Nr. 13.1 konkretisiert. Richtwerte der Normal-Effektivtemperatur (NET) in [°C] sowie für die effektive Bestrahlungsstärke Eeff in [W/m²], die für die Auswahl der zu untersuchenden Beschäftigten dienen, sind in der DGUV Empfehlung für arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen "Hitzearbeiten" [17] zu finden.

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