Cognitive Changes due to Aging and Fatigue as revealed in the Electrical Brain Activity / Alters- und Ermüdungs­einflüsse auf die hirn­elektrische Aktivität

Die Ergründung von Ursachen mentaler und physischer Funktionsänderungen mit zunehmendem Alter haben seit jeher das Interesse der Wissenschaft angeregt. Bedingt durch den demographischen Wandel und die verstärkte Einführung von Bildschirmarbeitsplätzen in der Industrie, Verwaltung und bei Dienstleistungen gewinnen heutzutage Fragen der altersabhängigen Veränderungen von Informationsverarbeitungs­leistungen eine immer größere Bedeutung auch für die Arbeitsmedizin. Eine große Anzahl an Veröffentlichungen zur Psychologie des Alterns konnte einen Teil der altersabhängigen Veränderungen im menschlichen Verhalten und in der Kognition erhellen. Von besonderem Interesse sind dabei Aspekte der Informationsverarbeitung, des Gedächtnisses und der Aufmerksamkeit, deren Veränderungen über das Alter in den letzten Jahrzehnten gut dokumentiert sind. So wurde z. B. bei Reaktionsaufgaben häufig eine Verlangsamung festgestellt. Unklar bleibt aber, ob diese Verlangsamung spezifische kognitive Mechanismen bzw. Prozesse betrifft, oder ob sich hier eine generelle Verlangsamung widerspiegelt, welche z. B. durch Veränderung der "Hardware" des Gehirns bedingt sein könnte.

Verhaltensbeobachtungen als klassisches Werkzeug der kognitiven Psychologie haben den Nachteil, daß beobachtbares Verhalten am Ende einer Kette oder eines komplexen Bündels von Einzelprozessen steht, und Rückschlüsse über diese Einzelprozesse schwierig sind. Weiterhin gibt es vielfältige kognitive Prozesse und Tätigkeiten, die nicht in offenes Verhalten münden. Psychophysiologische Messungen haben demgegenüber den immensen Vorteil, daß sie potentiell die Analyse von Teilprozessen und Mechanismen der Informationsverarbeitung gestatten, wenn man davon ausgeht, daß alle Teilprozesse mit im Prinzip meßbaren physiologischen Prozessen einhergehen. Solche Prozesse werden zumindestens teilweise im Elektroenzephalogramm (EEG) abgebildet, welches zudem die beiden Postulate der Rückwirkungsfreiheit und Nichtinvasivität erfüllt. Diese Eigenschaften des EEG gestatten es prinzipiell, die Informationsverarbeitung zu den Zeitpunkten zu beobachten, an denen sie wirklich abläuft, ohne daß aufgrund von Messungen (z. B. Reaktionszeiten) und Befragungen zu späteren Zeitpunkten indirekte Schlüsse über ihren Ablauf gezogen werden müßten. Aus dem EEG können durch Mittelungsverfahren sogenannte Ereigniskorrelierte Potentiale (EKP) extrahiert werden, wobei angenommen wird, daß einzelne EKP-Komponenten die Aktivität spezifischer Informationsverarbeitungs­prozesse widerspiegeln. Die Zuordnung von EKP-Komponenten und Informationsverarbeitungs­prozessen ist dahingehend, daß die Latenz einer Komponente den Zeitaspekt eines Prozesses abbildet, die Amplitude ihren Ausprägungsgrad, und die Topographie Auskunft über beteiligte Hirnstrukturen gibt. EKP scheinen daher ein sinnvolles Instrument, um altersabhängige Änderungen einzelner kognitiver Prozesse bzw. Mechanismen selektiv zu analysieren.

Mögliche altersbedingte persistierende Funktionsänderungen können überlagert sein durch passagere Funktionsbeeinträchtigungen infolge längerdauernder Beanspruchung im Verlauf eines Arbeitstages, d. h. mentate Ermüdung. Ermüdung wird hier nicht in erster Linie als Absinken der Vigilanz bzw. der Aktivierung interpretiert, sondern eher im Sinne einer möglichen Beeinträchtigung oder Erschöpfung von Verarbeitungsressourcen und -prozessen durch längerdauernde Beanspruchung. Subjektive Beanspruchungsanalysen solcher Ermüdungsprozesse können durch Kompensationsmechanismen verfälscht sein, so daß es auch hier sinnvoll erscheint, psycho-physiologische Meßparameter wie das EEG einzusetzen. Im EEG könnten sich nicht nur die Beeinträchtigungen einzelner Prozesse widerspiegeln, sondern möglicherweise auch die vermuteten Kompensationsmechanismen. Im Mai 1998 fand in Dortmund erstmals eine internationale Konferenz zum Thema Alters- und Ermüdungseinflüsse auf die hirnelektrische Aktivität statt. Die hier vorliegenden Beiträge dieser Tagung ergeben einen repräsentativen Oberblick über die internationale Aktivität auf diesem wichtigen Gebiet und sollen einen Anstoß für weitere gemeinsame Anstrengungen sein, moderne angewandte Alterns- und Ermüdungsforschung mit psychophysiologischen Methoden zu betreiben.

Bibliografische Angaben

Titel:  Cognitive Changes due to Aging and Fatigue as revealed in the Electrical Brain Activity / Alters- und Ermüdungs­einflüsse auf die hirn­elektrische Aktivität. 

1. Auflage.  Bremerhaven:  Wirtschaftsverlag NW Verlag für neue Wissenschaft GmbH, 1999. 
(Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Tagungsbericht , Tb 90)

ISBN: 3-89701-270-7, Seiten: 188, Papier

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