Charakteristik und Bewertung des individuellen Bewegungsmusters der Lendenwirbelsäule beim Heben von Lasten
Die Handhabung von Lasten ist eine komplexe motorische Anforderung an das Muskel-Skelett-System. Die Verteilung der tatsächlich genutzten Hebestrategien und der kinetischen Parameter der LWS-Bewegung sind für größere Kollektive weitgehend unbekannt. Charakteristika unterschiedlicher Hebetechniken werden zwar mit einer erhöhten Kompressionsbelastung und Gefährdung für die LWS assoziiert, der epidemiologische Nachweis der Assoziation zur Prävalenz von lumbalen Rückenbeschwerden steht jedoch aus. Ziel der Studie war, die individuellen Charakteristika der LWS-Bewegung beim Heben von Lasten zu beschreiben und die Beziehung dieser Faktoren zur Prävalenz von lumbalen Rückenschmerzen zu bestimmen. Untersucht wurden 107 männliche Probenden (25 bis 60 Jahre) mit beruflicher Erfahrung in der Lastenhandhabung. Die Prävalenz von Rückenbeschwerden wurde über den Nordischen Fragebogen erfasst. Die standardisierte Testaufgabe bestand im Anheben eines 20 kg-Gewichtes ohne Vorgabe der Hebetechnik. Die LWS-Bewegungen wurden über ein ultraschallaufzeitbasiertes Bewegungsanalysesystem (Zebris) registriert. Als biomechanische Parameter wurden die Gesamtkrümmung und die Neigung der LWS in der Sagittalebene, die vertikale Beckenbewegung sowie Hubzeiten und Aufrichtgeschwindigkeiten bestimmt. Konstitutionelle Parameter (Muskularität, Skelettrobustizität, Alter) wurden zusätzlich zu den kinetischen Faktoren in einer mehrdimensionalen Varianzanalyse berücksichtigt. 80 % der Probanden bevorzugten das Heben aus dem Rücken. Ein indirekter Zusammenhang bestand zwischen Neigung der LWS und Ausmaß der vertikalen Beckenbewegung. Die Gesamtkrümmung und die mittlere Neigung der LWS beim Heben waren jedoch biomechanisch eigenständige Faktoren, unabhängig vom Hebetypus. Probanden mit negativer Jahresprävalenz an Rückenbeschwerden krümmten die LWS beim Heben signifikant weniger stark als Probanden mit Beschwerden bis zu 30 Tagen im letzten Jahr (IG: -10,4±10° vs. -19,3±9,7°) und hatten einen signifikant größeren Oberschenkelumfang unter Beachtung der Hautfaltendicke (48±4 cm vs. 45±3 cm). Andere kinetische (Neigung, Hubzeiten) oder konstitutionelle Faktoren (Alter, Anthropometrie) waren für die Differenzierung der Gruppen ohne Bedeutung. Mit der Untersuchung konnte gezeigt werden, dass die Kombination aus individuellen muskulären und koordinativen Fähigkeiten zur Stabilisierung der LWS beim Heben einen wesentlicher Faktor für die Vermeidung von LWS-Beschwerden durch mechanische Einflüsse darstellte. Die Relevanz dieser durch Training beeinflussbaren Parameter und der hohe Anteil an Rückenhebern unterstreichen die Notwendigkeit von beruflichen verhaftenspräventiven Maßnahmen und die individuelle Bewertung koordinativer Fähigkeiten.
Bibliografische Angaben
Titel: Charakteristik und Bewertung des individuellen Bewegungsmusters der Lendenwirbelsäule beim Heben von Lasten.
1. Auflage.
Bremerhaven:
Wirtschaftsverlag NW Verlag für neue Wissenschaft GmbH, 2000.
(Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Forschungsbericht
, Fb 890)
ISBN: 3-89701-552-8, Seiten: 96, Projektnummer: F 5093, Papier
vergriffen