Untersuchung der in-vivo-Löslichkeit von glasigen silicatischen Faserstäuben

Neben der Auflösung von Fasern ist der Abtransport durch Makrophagen ein wesentlicher Mechanismus für die Faserelimination aus der Lunge. Dieser Prozeß der Makrophagen-vermittelten Lungenclearance ist beim Menschen wesentlich langsamer als bei der Ratte. Das Ziel des Versuchs war die Überprüfung der Hypothese, daß die artifizielle Verlangsamung der Makrophagen-vermittelten Lungenclearance bei der Ratte ein geeignetes Modell zur Bestimmung der Biobeständigkeit von Fasern darstellt. Zur Klärung dieser Frage erfolgte die Messung der Radioaktivitätsabnahme nach kurzzeitiger Inhalation einer geringen Menge von radioaktiven schwerlöslichen Scandiumoxid-Partikeln. Weiterhin wurde durch Analyse der Flüssigkeit nach einer broncho-alveolären Lavage das Ausmaß der Entzündungsreaktion in der Lunge bestimmt. Die Faserretention wurde durch Veraschung der Lungen und Bestimmung der Faserzahl mit Hilfe eines Rasterelektronenmikroskop ermittelt.

In einem Vorversuch zur Festlegung der experimentellen Randbedingungen wurde bei Ratten nach intratrachealer Instillation einer schwerlöslichen Faserart (Keramikfaser RCF1) und einer löslichen Faserart (Glasfaser B-01/0,9) untersucht, wie stark die zusätzliche Behandlung mit unterschiedlichen Dosen von schwerlöslichen Kunststoffpartikeln die Makrophagen-vermittelte Lungenclearance verlangsamt. Im Hauptversuch wurden mit der aus dem Vorversuch ermittelten geeigneten Kunststoffpartikeldosis die Glasfaser B-01/2,0 und MMVF 11 und die Steinfaser MMVF 21 untersucht.

Die Verabreichung von Kunststoffpartikeln verlangsamte die alveoläre Partikel-Clearance. Die untersuchten Glasfasern B-01/0,9 und MMVF 11 wurden bei gleichzeitiger Präsenz von Kunststoffpartikeln in der Lunge schneller aus der Lunge eliminiert als ohne Anwesenheit dieser Partikel. Demgegenüber zeigen die Untersuchungen, daß durch die Präsenz von Kunststoffpartikeln die Eliminationsgeschwindigkeit der Steinfaser MMVF21 nicht beeinflußt und die der Keramikfaser RCF1 verlangsamt wurden. Die schnellere Elimination der Glasfasern nach Zugabe von Kunststoffpartikeln liegt vermutlich an einer verlangsamten Phagozytose der Fasern durch die Makrophagen; der dadurch verlängerte Aufenthalt außerhalb der Makrophagen, wo der pH-Wert etwa 7,5 beträgt, könnte eine schnellere Auflösung der Fasern als im sauren Milieu der Phagolysosomen innerhalb der Makrophagen bewirken. Bei der Keramikfaser RCF1 und bei der Steinfaser MMVF21 ist diese verstärkte Löslichkeit bei neutralem pH-Wert jedoch nicht gegeben. Dieses neuentwickelte Versuchsmodell eignet sich, mechanistische Untersuchungen zur Faserlöslichkeit durchzuführen.

Bibliografische Angaben

Titel:  Untersuchung der in-vivo-Löslichkeit von glasigen silicatischen Faserstäuben. 

Verfasst von:  Bellmann, B.; Muhle, H.

1. Auflage.  Bremerhaven:  Wirtschaftsverlag NW Verlag für neue Wissenschaft GmbH, 1999. 
(Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Forschungsbericht , Fb 848)

ISBN: 3-89701-366-5, Seiten: 76, Papier

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