Ermittlung und Bewertung des Gefahrenpotentials für Beschäftigte in verfahrenstechnischen Anlagen und Lagereinrichtungen
Unfälle mit gefährlichen Stoffen in Einrichtungen zur Lagerung oder Produktion sind grundsätzlich nicht auszuschließen. Solange gefährliche Stoffe genutzt werden müssen, kann man lediglich versuchen, die Häufigkeit des Auftretens oder das Schadensausmaß zu verringern. Treten Unfälle auf und sind diese zusätzlich - aus welchen Gründen auch immer - spektakulär, dann stellt sich regelmäßig die Frage nach der Sicherheit, besser Unsicherheit, vergleichbarer Einrichtungen.
Ziel dieser Untersuchung ist es, für Arbeitsschutzinstitutionen und insbesondere für Betreiber von verfahrenstechnischen Anlagen und Lagereinrichtungen, in denen gefährliche Stoffe oder Stoffe in gefährlichen physikalischen Zuständen gehandhabt werden und deren Arbeitsschutzabteilungen, ein pragmatisches Instrument zu entwickeln, mit dem die Größe des Gefahrenpotentials für die Beschäftigten in chemischen Anlagen und Lagereinrichtungen in Abhängigkeit von den gehandhabten Stoffen, den technischen Einrichtungen und den organisatorischen Maßnahmen ermittelt werden kann.
Die Informationen müssen von einer Qualität sein, die ausreicht, um zu entscheiden, ob eine Einrichtung sicher ist, ob unmittelbar Handlungsbedarf besteht oder ob weitergehende umfangreichere Untersuchungen notwendig sind.
Aus einer derartigen Situation heraus entstand in den Jahren 1987 - 1988 nach dem Brand bei Sandoz in Schweizerhalle ein Verfahren zur Risikopotentialermittlung, welches die o. g. Anforderungen weitgehend erfüllt. Das Verfahren wurde seit 1988 in der Praxis eingesetzt. So wurden in der Schweiz 110, in Deutschland 340 und in Ungarn 14 Lager- und Produktionseinrichtungen untersucht. In Österreich kam die Methode - konzentriert auf die Ermittlung des stofflichen Risikopotentials an acht Standorten insgesamt 150 mal zur Anwendung.
Das Verfahren besteht aus zwei Komplexen, und zwar dem Komplex Stoff und dem Komplex Technik.
Der Komplex Stoff unterscheidet zur Berücksichtigung der Stoffeigenschaften die Gefahrenbereiche Brand, Explosion, gefährliche physikalische Stoffzustände, Toxizität, äußere Einwirkungen auf den Menschen, Schadstoffkonzentration am Arbeitsplatz, Reaktion mit anderen Stoffen und Umweltgefährdung. Für diese Gefahrenbereiche eines Stoffes liefert die Stoffbewertung diejenige Menge, bei deren Unterschreitung im gewerblichen Umgang mit keinem besonderen Risiko gerechnet werden muß.
Der Komplex Technik berücksichtigt die technischen und organisatorischen Gegebenheiten sowie die örtliche Lage der Einrichtung.
Die Technikbewertung geht damit auf die jeweils gegebene individuelle Situation ein. Diese Situation wird mit Hilfe einer Checkliste erfaßt. Die Checkliste enthält Fragen zur sicheren Umschließung, zur sicheren Handhabung, zum Brand- und Explosionsschutz, zur Begrenzung der Auswirkungen von Stofffreisetzungen, zur Reduzierung und zum Ersatz gefährlicher Stoffe. Die Fragen sind mit den Stoffeigenschaften, wie sie aus den Gefahrenbereichen bekannt sind, verknüpft, um die Wirksamkeit der Einrichtungen beurteilen zu können.
Die Kombinationen von Stoffbewertung und Technikbewertung führt schließlich zum Risikopotential der jeweilig betrachteten Einrichtung.
Das Risikopotential zeigt auf, welche Gefahren sich für die Beschäftigten ergeben. Außerdem gibt die Risikopotentialermittlung Hinweise auf möglicherweise versteckte Schwachpunkte und liefert so Ansatzpunkte für eine u. U. erforderliche Detailuntersuchung oder auch einen unmittelbaren Handlungsbedarf.
Zur Berücksichtigung der bei dem Einsatz gewonnenen Erfahrungen und insbesondere zur starken Berücksichtigung des Arbeitsschutzes, wurde das Verfahren mit finanzieller Unterstützung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) seit 1994 überarbeitet. Der nachfolgende Bericht gibt einen Überblick über die Struktur des Verfahrens und zeigt auf, welcher Art die damit erzielbaren Ergebnisse sind.
Hinweis:
Die TRGS 300 wurde aufgehoben, die beschriebenen Methoden können jedoch unter der Berücksichtigung der Hinweise und der vorgeschlagenen Vorgehensweise im Bericht zum Forschungsprojekt F 2100: "Grundlagen für die Neukonzeption einer technischen Regel 'Sicherheitstechnik" für eine Sicherheitsbetrachtung weiterhin herangezogen werden.
Bibliografische Angaben
Titel: Ermittlung und Bewertung des Gefahrenpotentials für Beschäftigte in verfahrenstechnischen Anlagen und Lagereinrichtungen.
1. Auflage.
Bremerhaven:
Wirtschaftsverlag NW Verlag für neue Wissenschaft GmbH, 1998.
(Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Forschungsbericht
, Fb 794)
ISBN: 3-89701-102-6, Seiten: 212, Papier, Diskette
vergriffen