Auswirkungen der Bildschirmarbeit auf Gesundheit und Wohlbefinden

Mit der immer weiteren Verbreitung neuer Informations- und Kommunikationstechniken im Arbeitsleben nehmen psychomentale und psychosoziale Belastungs- und Beanspruchungsmuster an Bedeutung zu. Die Erarbeitung und Standardisierung von geeigneten Instrumenten zur Identifizierung und Bewertung von Belastungen, Beanspruchungen und potentieller Gesundheitsgefährdungen bei der Arbeit ist daher eine hochaktuelle Aufgabe eines dem Leitbild humaner und produktiver Arbeit verpflichteten Arbeits- und Gesundheitsschutzes.

Im Rahmen des Forschungsprojektes wurde der Fragebogen Gesundheit am Bildschirmarbeitsplatz (GESBI) entwickelt, dem das erweiterte Arbeitsschutzverständnis der EG-Rahmenrichtlinie zum Arbeitsschutz zugrunde liegt. Mit diesem Instrument sollten im Rahmen mehrerer betrieblicher Erhebungen Zusammenhänge zwischen Arbeitsbelastungen, Beanspruchungen und Beanspruchungsfolgen mit präventiver Zielsetzung ermittelt werden. Nach Erprobung des Fragebogens an Befragten einer Softwarefirma wurde eine überarbeitete Fassung in zwei öffentlichen Verwaltungen eingesetzt. Insgesamt kamen 352 Fragebögen von 283 weiblichen und 69 männlichen Beschäftigten zur Auswertung, was einer Rücklaufquote von 50 % entspricht. Die vorwiegenden Tätigkeiten der Befragten waren Programmierung, Sachbearbeitung, Textverarbeitung und Dateneingabe, wobei die geringer qualifizierten Tätigkeitsbereiche ausschließlich von Frauen eingenommen wurden. Im Mittel ergab sich eine arbeitstägliche Dauer von 5,45 Stunden am Bildschirm.

Knapp vier Fünftel der Befragten gaben an, daß bei ihnen häufiger während und nach der Arbeit Beschwerden auftreten, von denen Schulter- und Nackenschmerzen, Rücken- und Kreuzschmerzen, Kopfschmerzen sowie Augenbeschwerden am weitesten verbreitet waren. In einer vertieften Analyse wurden faktoranalytisch drei wesentliche Beschwerdekomplexe herausgearbeitet: Muskel-Skelett-Beschwerden, nervöse Beschwerden und Herz-Kreislauf-Beschwerden. Diese Beschwerdeangabe sind mit dem Krankenstand korreliert und haben daher auch eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung. Die meisten Beschwerden weisen einen starken Bezug zur Art der von den Befragten ausgeführten Tätigkeit aus. Es konnte klar herausgearbeitet werden, daß die Befragten um so weniger Gesundheitsbeschwerden angeben, je abwechslungsreicher und anspruchsvoller ihre Tätigkeiten sind. Im Ergebnis einer Diskussion der Begriffe "Gesundheit" und "Krankheit" wurden die Befragten clusteranalytisch in zwei Gruppen eingeteilt, die als eher gesund bzw. als eher gesundheitlich beeinträchtigt bezeichnet werden können. Mit Hilfe multivariater Verfahren konnte nachgewiesen werden, daß die folgenden Faktoren von erheblicher Bedeutung für Gesundheit und Wohlbefinden bei der Arbeit sind: Entscheidungs- und Handlungsspielräume in der Arbeit, Zeitdruck, Überforderung durch die Arbeitsmenge, ausreichende Erholungspausen während der Arbeit, Unterstützung durch Arbeitskollegen, Anerkennung der Arbeitsleistung, berufliche Entwicklungsmöglichkeiten sowie die Sicherheit des Arbeitsplatzes. Diese tätigkeitsbezogenen, arbeitsorganisatorischen und psychosozialen Momente der Arbeitssituation weisen neben den ergonomischen Faktoren (Gestaltung von Arbeitsplatz und Arbeitsumgebung) im Hinblick auf Gesundheit und Wohlbefinden bei der Arbeit eine erhebliche Bedeutung auf.

Aus den Ergebnissen lassen sich Prioritäten für arbeitsgestalterische bzw. gesundheitsfördernde Maßnahmen im Rahmen des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes ableiten.

Bibliografische Angaben

Titel:  Auswirkungen der Bildschirmarbeit auf Gesundheit und Wohlbefinden. Ergebnisse betrieblicher Untersuchungen mit dem Fragebogen "Gesundheit am Bildschirmarbeitsplatz" (Schlußbericht)

Verfasst von:  Ertel, M.; Junghanns, G.; Pech, E.; Ullsperger, P.

1. Auflage.  Bremerhaven:  Wirtschaftsverlag NW Verlag für neue Wissenschaft GmbH, 1997. 
(Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Forschungsbericht , Fb 762)

ISBN: 3-89429-864-2, Seiten: 72, Papier

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