Intervention und Prävention bei arbeitsbedingten Muskel-Skelett-Erkrankungen
Die Inzidenz von Schmerzen des muskulo-skelettalen Systems zeigt in allen industrialisierten Ländern einen konstanten Anstieg, was für das Gesundheitssystem und die Volkswirtschaft enorme Kosten bedeutet. Obwohl mehrere Faktoren am Arbeitsplatz identifiziert werden konnten, die mit einem vermehrten Risiko für das Auftreten dieser Erkrankungen (insbesondere von Rückenschmerzen) verbunden sind, bleiben die meisten ätiologischen Fragen bisher unbeantwortet. Auch die Reduktion arbeitsbedingter Risikofaktoren hat bisher nicht dazu geführt, daß arbeitsbedingte Rückenschmerzen rückläufig sind. Es bleibt offen, inwieweit objektivierbare körperliche Befunde mit dem Beeinträchtigungserleben der Patienten bzw. der Arbeitsfähigkeit in Übereinstimmung stehen. Viele Studien zeigen, daß psychosoziale Aspekte die subjektive Beeinträchtigung besser voraussagen können als somatische Befunde. Von daher muß der chronische Rückenschmerz als ein Phänomen betrachtet werden, das körperliche, psychologische und soziale Aspekte einschließt.
Bei den Behandlungsansätzen ist zu unterscheiden zwischen primärer, sekundärer und tertiärer Prävention. In den letzten Jahren wurde international vielfach über sogenannte multimodale Behandlungsprogramme berichtet, in denen körperliche Aktivierung und Verantwortungsübernahme für die eigene Gesundheit die primären ziele waren. Die Inhalte sind ausgerichtet auf die Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit (Beweglichkeit, Kraft, Ausdauer), auf Informationsvermittlung über die "Normalität" von Rückenschmerzen, einen adäquaten Umgang mit der Erkrankung, sowie auf die Verbesserung der eigenen Bewältigungsmöglichkeiten. Eine Verringerung der Medikamenteneinnahme, die geringere Inanspruchnahme des medizinischen Versorgungssystems und die Rückkehr an den Arbeitsplatz stehen im Vordergrund der Behandlung. Die gute Behandlungseffektivität dieser Programme ist jedoch nicht unabhängig von den jeweiligen Voraussetzungen des Arbeitsmarktes und dem Versicherungssystem. Die differentielle Wirksamkeit der einzelnen Behandlungsanteile wurde wissenschaftlich bisher noch nicht abgeklärt. Der bisherige Forschungsstand läßt berechtigte Zweifel daran aufkommen, ob Rückenschmerzen durch präventive Maßnahmen generell vermieden werden können.
Nach den bisherigen Kenntnissen scheint die effektivste und langfristig kostensparendste Maßnahme darin zu bestehen, in einem möglichst frühen Stadium der Erkrankung die Chronifizierung zu verhindern. Die Behandlungsmaßnahmen müssen dabei psychologisch-edukative Anteile, eine körperliche Aktivierung sowie Maßnahmen zur Verbesserung der Ausdauerleistungsfähigkeit beinhalten, wobei zusätzlich die Arbeitsplatzbedingungen berücksichtigt werden sollten.
Bibliografische Angaben
Titel: Intervention und Prävention bei arbeitsbedingten Muskel-Skelett-Erkrankungen.
1. Auflage.
Bremerhaven:
Wirtschaftsverlag NW Verlag für neue Wissenschaft GmbH, 1996.
(Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsmedizin: Forschungsbericht
, Fb 09.012)
ISBN: 3-89429-749-2, Seiten: 164, Preis: 15,00 EUR, Papier
vergriffen