Ableitung geeigneter Methoden des Biomonitorings zur Ermittlung der aktuellen tätigkeitsbedingten Bleiexposition von Beschäftigten

Einleitung: Bei Beschäftigten der bleiverarbeitenden Industrie sowie Beschäftigten, die Tätigkeiten mit Blei und seinen anorganischen Verbindungen ausführen, wird die individuelle Exposition aktuell anhand des Bleigehaltes im Vollblut beurteilt. Der Blutbleigehalt spiegelt Veränderungen der Exposition jedoch nur mit zeitlicher Verzögerung wider und ist daher nicht geeignet, die akute Exposition und die Wirksamkeit von Arbeitsschutzmaßnahmen zu überprüfen oder die unmittelbaren Auswirkungen von auftretenden Veränderungen bzw. Ereignissen zu erfassen. Daher sollten in einer Studie Expositionswege und alternative Biomonitoring-Parameter untersucht werden.

Methodik: In einer Querschnittsstudie wurden in Deutschland Beschäftigte in vier bleiverarbeitenden Betrieben sowie einem Betrieb, in dem Tätigkeiten mit Blei ausgeführt werden, untersucht. Insgesamt nahmen in der ersten Messkampagne (M1) 64 Beschäftigte und in der zweiten Messkampagne (M2) 61 Beschäftigte an der Studie teil. 43 Beschäftigte (M1) bzw. 42 Beschäftigte (M2) konnten für das Biomonitoring rekrutiert werden. Das Biomonitoring wurde unter Berücksichtigung verschiedener Parameter in Vollblut, Plasma und Urin zu vier definierten Zeitpunkten während der Arbeitswoche durchgeführt (an Tag 1 (nach arbeitsfreier Zeit) und an Tag 4, jeweils vor Schichtbeginn und nach Schichtende). Zur Erfassung der dermalen Belastung wurden Wischproben von den Händen der Beschäftigten genommen. Ergänzt wurden die Untersuchungen durch Arbeitsplatzmessungen der Bleikonzentration in der einatembaren Partikelfraktion (ortsfest und personengetragen).

Ergebnisse: Es wurde ein breites Spektrum von Arbeitsplätzen, an denen Tätigkeiten mit Blei und seinen anorganischen Verbindungen erfolgten, unter unterschiedlichen Präventionsmaßnahmen erfasst. Messwerte der inhalativen und der dermalen Exposition sowie die Ergebnisse des Biomonitorings zeigten eine große Spannweite: personengetragene Arbeitsplatzmessungen (Blei in der Luft): 0,08–2519 μg/m³; dermale Bleibelastung der Hände (Wischproben): 0,026–2400 μg/min Tätigkeitsdauer, Blei im Vollblut: 7,7–511 μg/l. Bei den personengetragenen Messungen wurde im Gesamtkollektiv der MAK-Wert (4 μg/m³) in 83 % der Fälle überschritten, der neue BOELV der EU (30 μg/m³) in 68 % der Fälle. In 24 % der Fälle lagen die Messwerte oberhalb des bisherigen BOELV (150 μg/m³). Der BGW von 150 μg/l (entspricht dem ab 2029 gültigen EU-Grenzwert) wurde in 46 % der Fälle nicht eingehalten.

Hinsichtlich der biologischen Belastungsmarker zeigte sich eine positive Korrelation zwischen dem Bleigehalt (Pb) im Vollblut und dem Bleigehalt im Plasma, Pb (Vollblut) und Pb (Urin) sowie Pb (Plasma) und Pb (Urin). Diese positive Korrelation war vor allem für die Parameter Pb (Plasma) – Pb (Vollblut) und für die Parameter Pb (Urin) – Pb (Plasma) am Ende der Arbeitswoche stärker ausgeprägt als zu deren Beginn. Die Parameter Pb (Urin) und Pb (Vollblut) korrelierten zu Beginn und am Ende der Arbeitswoche ähnlich stark. Die Bleikonzentrationen im Plasma zeigten insgesamt im Verlauf der Arbeitswoche nur moderate Veränderungen. Die Bleikonzentrationen im Urin wiesen keinen eindeutigen zeitlichen Trend über den Arbeitstag bzw. die Arbeitswoche auf und zeigten unabhängig vom Probenahmezeitpunkt eine enge Korrelation mit den Blutbleigehalten.

Die Biomonitoring-Parameter (Blei im Vollblut, Blei im Plasma und Blei im Urin) korrelierten im Gesamtkollektiv signifikant positiv mit der dermalen Exposition der Hände. In der Subgruppe der Beschäftigten, die ohne Atemschutz tätig waren, zeigten sich auch signifikante positive Korrelationen zwischen der Bleikonzentration in der Luft am jeweiligen Arbeitsplatz und Pb (Vollblut) bzw. Pb (Plasma) bzw. Pb (Urin). In der Subgruppe der Beschäftigten mit Atemschutz ergab sich für den Quotienten aus der Bleikonzentration im Urin und der Bleikonzentration im Vollblut ausschließlich für die UrinNachschicht-Proben an Tag 1 und Tag 4 eine signifikante Korrelation mit der dermalen Exposition der Hände. Dies deutet darauf hin, dass die Ausscheidung von Blei im Urin signifikant durch die akute dermale Exposition am jeweiligen Arbeitstag beeinflusst wird.

In allen vier multiplen linearen Regressionsmodellen, die als Zielgröße Pb (Vollblut) untersuchten, konnte ebenfalls ein signifikanter Einfluss der dermalen Bleibelastung der Hände ermittelt werden.

Schlussfolgerung: Das Blei-Biomonitoring besitzt für den Schutz der Beschäftigten eine große Bedeutung, welche angesichts der Absenkung der Bleigrenzwerte gemäß der neuen EU-Richtlinie 2024/869 in Zukunft noch weiter zunehmen wird. Auf Grundlage der Studienergebnisse lässt sich derzeit kein Biomonitoringparameter ableiten, welcher eine zuverlässige Aussage zur akuten Exposition ermöglicht. Da die Konzentration von Blei im Urin sehr eng mit der Konzentration von Blei im Vollblut korreliert, könnte allerdings die Bestimmung von Blei im Urin eine praktikable Alternative zur Bestimmung von Blei im Vollblut darstellen. Der Quotient aus der Bleikonzentration im Urin und der Bleikonzentration im Vollblut kann potenziell als Surrogatparameter zur Erfassung von kurzfristigen Änderungen der äußeren Bleiexposition genutzt werden. Die bisherige Datenbasis ist jedoch in beiden Fällen für eine abschließende Bewertung zu gering, weshalb weitere wissenschaftliche Untersuchungen an größeren Kollektiven erforderlich erscheinen. Die dermale Bleibelastung der Hände stellte sich als unabhängiger Einflussfaktor auf die innere Bleibelastung der Beschäftigten dar, was deutlich macht, dass der Arbeitsschutz an Arbeitsplätzen mit Bleiexposition weiterhin als eine große Herausforderung gesehen werden muss.

Bibliografische Angaben

Titel:  Ableitung geeigneter Methoden des Biomonitorings zur Ermittlung der aktuellen tätigkeitsbedingten Bleiexposition von Beschäftigten. 

Verfasst von:  H. Drexler, A. Wolfschmidt, S. Ott, A. Greiner, T. Göen, A. Schäferhenrich, M. Schäfer, R. Hebisch, U. Prott, L. Müller, A. Woznica

1. Auflage.  Dortmund:  Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 2025.  Seiten: 95, Projektnummer: F 2510, PDF-Datei, DOI: 10.21934/baua:bericht20250718

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ProjektnummerF 2510 StatusAbgeschlossenes Projekt Ableitung geeigneter Methoden des Biomonitorings zur Ermittlung der aktuellen tätigkeitsbedingten Bleiexposition von Beschäftigten

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