Fall-Kontroll-Studie zu Bandscheibenvorfällen der Halswirbelsäule durch berufliche Belastungen

In einer bizentrischen Fall-Kontroll-Studie mit 226 Fällen und 260 Kontrollen wurde das Risiko für die Entstehung von Erkrankungen bedingt durch Bandscheibenvorfälle im Bereich der Halswirbelsäule untersucht. In die Untersuchung einbezogen wurden männliche und weibliche Probanden. Berücksichtigt wurden sowohl berufliche als auch außerberufliche Risikofaktoren. In Hinblick auf berufliche Risikofaktoren konnte die Studie darstellen, dass Blue-Collar-Beschäftigte ein erhöhtes Risiko für das Auftreten zervikaler Bandscheibenvorfälle aufwiesen, wenn die berufliche Tätigkeit Lastenhandhabungen und Arbeiten auf/über Schulterniveau erforderte. In der Studie sind bereits relativ geringe körperliche Belastungen (ausgedrückt als kumulative Dauer von Lastenhandhabungen mit einem Gewicht ab 5 kg sowie von Arbeiten über/auf Schulterniveau) mit der Diagnose eines zervikalen Bandscheibenvorfalls assoziiert. Neigungen des Kopfes bei der beruflichen Tätigkeit waren deutlich mit dem verstärkten Auftreten von zervikalen Bandscheibenvorfällen verbunden. Für Arbeit an Personalcomputern sowie für Tätigkeiten mit vibrierenden handgeführten Geräten im Beruf zeigten sich unabhängig voneinander signifikante Risikoerhöhungen.

Als außerberufliche Risiken wurden in der Studie das Tragen von Motorradhelmen, das Rauchverhalten, das Körpergewicht, sportliche Aktivitäten allgemein und speziell das Schwimmen betrachtet. Diese Faktoren begünstigen jedoch nicht die Entstehung von zervikalen Bandscheibenvorfällen. Die Ergebnisse der Studie zeigen eher, dass mittelgradige sportliche Aktivitäten das Risiko für zervikale Bandscheibenvorfälle reduzieren.

Zu berücksichtigen sind in der Interpretation der Studienergebnisse Verzerrungen der Risikoschätzer durch unterschiedliche Faktoren, zum Beispiel durch Unterschiede in der Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen. Beschäftigte in körperlich belastenden Tätigkeiten könnten häufiger mit Beschwerden infolge eines zervikalen Bandscheibenvorfalls eine Klinik bzw. Poliklinik zur Behandlung aufgesucht haben als Beschäftigte ohne körperliche Tätigkeiten. Interviewerbezogene Verzerrungseinflüsse sind ebenfalls zu diskutieren, dürften allerdings bei der berufsgruppenbezogenen Auswertung keine bedeutsame Rolle spielen.

In der vorliegenden Fall-Kontroll-Studie konnten zwar Assoziationen zwischen körperlichen Belastungen und der Diagnose von zervikalen Bandscheibenvorfällen nachgewiesen werden, klare Dosis-Wirkungs-Beziehungen lassen sich aber nicht aufzeigen. Damit stellt sich die Frage, inwieweit die untersuchten kumulativen Belastungsschätzer tatsächlich geeignete Expositionsmaße darstellen. Die Bedeutung akuter Belastungsspitzen oder ungünstiger Körperbewegungen wurde in der vorliegenden Studie nicht untersucht.

Die Ergebnisse der Studie unterstreichen, dass weiterer Forschungsbedarf besteht, um die Zusammenhänge zwischen körperlich relativ gering belastenden Berufstätigkeiten und dem Auftreten zervikaler Bandscheibenvorfälle aufzuklären.

Bibliografische Angaben

Titel:  Fall-Kontroll-Studie zu Bandscheibenvorfällen der Halswirbelsäule durch berufliche Belastungen. 

Verfasst von:  G. Elsner, G. Petereit-Haack, J. Haerting, A. Bergmann, U. Bolm-Audorff, S. Celik, M. Müller, A. Gül, U. Jendrezok, S. Ridder, R. Straub, B. Schumann, F. Liebers, A. Seidler

1. Auflage.  Dortmund:  Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 2009. 
ISBN: 978-3-88261-099-4, Seiten: 104, Projektnummer: F 2146, Papier, PDF-Datei

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