Consideration of psychosocial factors in workplace risk assessments: findings from a company survey in Germany

Berücksichtigung psychischer Belastung in der Gefährdungsbeurteilung: Ergebnisse einer Betriebsbefragung in Deutschland

Hintergrund und Ziel: In Deutschland, wie auch in vielen anderen europäischen Ländern, sind Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, Gefährdungsbeurteilungen am Arbeitsplatz durchzuführen und dabei auch psychische Belastungen zu berücksichtigen. Ziel dieser Studie war es, das Wissen über den Stand der Umsetzung in der betrieblichen Praxis auszubauen.

Datengrundlage und Methoden: Die Studie basiert auf einer Befragung von Arbeitsschutzverantwortlichen aus insgesamt 6.500 Betrieben, die im Jahr 2015 für die Zwecke der Evaluation der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie durchgeführt wurde. Auf dieser Grundlage geschätzt wurden zum einen die Anteile der Betriebe, in denen (A) keine Gefährdungsbeurteilungen, (B) Gefährdungsbeurteilungen ohne Berücksichtigung psychischer Belastung und (C) Gefährdungsbeurteilungen mit Berücksichtigung psychischer Belastung durchgeführt wurden. Letztere wurden zudem dahingehend differenziert, ob dabei alle erforderlichen Prozessschritte und inhaltlichen Aspekte berücksichtigt wurden oder nicht. Mit multinomialen logistischen Regressionen wurde ermittelt, welche Bedingungen die Wahrscheinlichkeit der Umsetzung von Gefährdungsbeurteilungen (B, C) beeinflussen.

Ergebnisse: Gefährdungsbeurteilungen, bei denen auch psychische Belastungen berücksichtigt wurden, liegen nur in 21% der Betriebe vor. Zwar werden in nahezu allen Großbetrieben Gefährdungsbeurteilungen durchgeführt, allerdings in fast jedem dritten Großbetrieb ohne Berücksichtigung psychischer Belastungen. In kleinen Betrieben werden dagegen mehrheitlich gar keine Gefährdungsbeurteilungen durchgeführt. Die Wahrscheinlichkeit für die Umsetzung einer Gefährdungsbeurteilung (psychischer Belastung) steigt mit zunehmender Betriebsgröße und ungeachtet dessen weiterhin, wenn eine Fachkraft für Arbeitssicherheit vorhanden ist, wenn ein Betriebsarzt bestellt ist und wenn ein Aufsichtsdienst den Betrieb innerhalb der letzten zwei Jahre besucht und die Berücksichtigung psychischer Belastung in der Gefährdungsbeurteilung angesprochen hat. Demgegenüber kleinere, aber immer noch signifikante Effekte haben der Kenntnisstand zu den gesetzlichen Arbeitsschutzregelungen, Schulungen von Führungskräften zu Sicherheits- und Gesundheitsschutzaspekten, die wirtschaftliche Situation des Unternehmens, das Vorhandensein eines Personal- bzw. Betriebsrats, eine positive Einschätzung des Beitrags von Arbeitsschutz für den Unternehmenserfolg, die Zugehörigkeit zum Produktionssektor und das Ausmaß psychosozialen Risiken der Arbeit im Betrieb.

Schlussfolgerungen: Die Studienergebnisse zeigen, dass es nach wie vor in (zu) vielen Unternehmen an der Umsetzung einer Gefährdungsbeurteilung mangelt, in der auch psychische Belastungen berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere für kleine Betriebe, in denen Strukturen des betrieblichen Arbeitsschutzes vielfach nicht oder nur rudimentär ausgebildet sind und Gefährdungsbeurteilungen entsprechend häufig überhaupt nicht durchgeführt werden. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass entscheidende Beiträge zur Verbesserung der Situation v.a. durch eine verstärkte Präsenz und Nutzung von Fachkräften für Arbeitssicherheit und Betriebsärzten in den Unternehmen sowie durch eine Stärkung der Beratungs- und Kontrollkapazitäten von Aufsichtsdiensten zu erwarten sind.

Dieser Artikel ist im Journal "International Archives of Occupational and Environmental Health" (2019) erschienen.

Bibliografische Angaben

Titel:  Consideration of psychosocial factors in workplace risk assessments: findings from a company survey in Germany

Verfasst von:  D. Beck, U. Lenhardt

in: International Archives of Occupational and Environmental Health, Volume 92, Ausgabe 3, 2019.  Seiten: 435-451, Projektnummer: F 2358, DOI: 10.1007/s00420-019-01416-5

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ProjektnummerF 2358 StatusAbgeschlossenes Projekt Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung in der betrieblichen Praxis

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