Für einen besseren Überblick in der Arbeitsmedizin und Arbeitsepidemiologie
Systematische Übersichtsarbeiten fassen das aktuelle Wissen zu verschiedenen Themen, wie zum Beispiel zur Therapie und Prävention, übersichtlich zusammen. Das erleichtert die Arbeit von Ärzt/-innen sowie Wissenschaftler/-innen in der täglichen Praxis erheblich.
Die Zahl an verfügbaren wissenschaftlichen Veröffentlichungen nimmt jedes Jahr stark zu. Damit wächst auch die Herausforderung für Ärzt/-innen, Wissenschaftler/-innen, aber auch politische Entscheidungsträger/-innen, sich über ein (arbeits-)medizinisches Themengebiet umfassend und aktuell zu informieren. Es ist daher notwendig, einzelne Studien zur gleichen Thematik systematisch zusammenzufassen und kritisch zu bewerten.
Systematische Übersichtsarbeiten vereinfachen die Arbeit in der Praxis
Systematische Übersichtsarbeiten erleichtern also die Arbeit der evidenzbasierten Medizin. Häufig ist eine systematische Übersichtsarbeit sogar das einzige Mittel, auf Fragen der alltäglichen Praxis annährend adäquat zu antworten.
Systematische Übersichtsarbeiten sind zu verschiedenen Themen möglich. In der Medizin sind sie vor allem für den Bereich von Therapie und Prävention etabliert. In der Arbeitsmedizin und Arbeitsepidemiologie bieten systematische Übersichtsarbeiten eine fundierte Grundlage für die bestmögliche Gestaltung und auch Regulation des Arbeitsschutzes sowie für die evidenzbasierte Umsetzung von Gesundheitsförderung, Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention in der Arbeitswelt. Zudem beruhen beispielsweise Empfehlungen von (arbeits-)medizinischen Leitlinien häufig auf einer systematisch zusammengefassten Evidenz. Beispiele für systematische Übersichtsarbeiten sind Systematische Reviews, Overviews von systematischen Reviews und Scoping Reviews.
Systematischer Review
In einem Systematischen Review werden zu einer klar formulierten Fragestellung alle primären Studien systematisch gesucht und nach bestimmten Ein- und Ausschlusskriterien ausgewählt. Die eingeschlossenen Studien werden kritisch bewertet, die Forschungsergebnisse extrahiert und deskriptiv oder auch quantitativ mit Hilfe statistischer Methoden (Meta-Analyse) zusammengefasst. Nicht jeder systematische Review resultiert in einer Meta-Analyse.
Overview von systematischen Reviews
Begründet durch die Publikation zahlreicher Systematischer Reviews wurde eine neue Art der Evidenzsynthese entwickelt, die das Wissen auf Basis von bereits veröffentlichten Reviews zusammenfasst. Solche Overviews (auch "Review of Reviews" oder "Umbrella Reviews" genannt) werden grundsätzlich nach den gleichen methodischen Standards erarbeitet, die für die Erstellung systematischer Reviews gelten. Zur Beurteilung der Qualität der eingeschlossenen Reviews bedarf es jedoch anderer Qualitätsbewertungsinstrumente als für Primärstudien.
Scoping Review
Ein Scoping Review eignet sich insbesondere für die breite und vollständige Zusammenstellung der aktuellen Evidenzbasis zu einem Thema. Ausgehend von einer möglichst allgemein formulierten Fragestellung wird die gesamte Evidenz systematisch gesammelt, strukturiert und qualitativ beschrieben. Auf Basis der Gesamtschau der wissenschaftlichen Fakten können Forschungslücken identifiziert werden und in weiteren Schritten systematische Reviews mit oder ohne Meta-Analysen oder Overviews zu spezifischen Fragen des untersuchten Themenbereichs erarbeitet werden.
Wo finde ich systematische Übersichtsarbeiten?
Cochrane Collaboration
Als eine vertrauenswürdige und qualitativ hochwertige Quelle für systematische Übersichtsarbeiten gilt die Cochrane Collaboration. Cochrane Reviews sind systematische Übersichtsarbeiten, in denen die Forschungsergebnisse zu Fragen der Gesundheitsversorgung zusammengefasst werden. Diese Reviews sind international als Qualitätsstandard in der evidenzbasierten Gesundheitsversorgung anerkannt.
Im Themenfeld Arbeit und Gesundheit findet man beispielsweise bei der Arbeitsgruppe "Cochrane Work" systematische Reviews zu Expositionen und Risiken am Arbeitsplatz, Reviews zur Prävention von Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Erkrankungen oder Reviews zur Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz.
Jeder systematische Review behandelt eine klar formulierte Fragestellung, zum Beispiel: Können personenbezogene und arbeitsbezogene Maßnahmen die Rückkehr zum Arbeitsplatz bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung unterstützen im Vergleich zur Nichtanwendung solcher Maßnahmen?
Zur Beantwortung dieser Frage werden alle primären Forschungsarbeiten, die bestimmte Kriterien erfüllen, zusammengetragen. Diese werden dann anhand strenger Richtlinien bewertet, um festzustellen, ob es zu einer gegebenen Maßnahme schlüssige Evidenz gibt.
Datenbanken
Eine umfangreiche Sammlung systematischer Reviews bietet die bibliographische Datenbank Epistemonikus. Weitere Datenbanken wie beispielsweise Medline (zugänglich über die Suchoberflächen PubMed oder Ovid) beinhalten ebenfalls systematische Übersichtsarbeiten.
Auch in der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin werden zu aktuellen Themen und Fragestellungen systematische Übersichtsarbeiten erstellt und öffentlich zugänglich gemacht. Beispielsweise führen der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten (ÄSVB) und seine Wissenschaftliche Geschäftsstelle (WSG), die bei der BAuA angesiedelt ist, zu ausgewählten Beratungsthemen Systematische Reviews durch. Der ÄSVB berät die Bundesregierung hinsichtlich der Bezeichnung neuer und der Aktualisierung bereits bestehender Berufskrankheiten. Die WGS unterstützt den ÄSVB den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich.