Ganzkörperkräfte

Diesen Inhalt als PDF herunterladen

Ermittlung und Beurteilung

Methoden

Zur Ermittlung und Beurteilung der körperlichen Belastung durch die Ausübung von Ganzkörperkräften stehen unterschiedliche Methoden zur Verfügung. Sie reichen von Checklisten und Screeningmethoden über messtechnische Analyse- und Bewertungsverfahren bis zur Simulation von körperinternen Kräften mithilfe von Menschmodellen. Erläuterungen und Übersichten zu den Verfahren finden sich z. B. im Forschungsbericht des BAuA/DGUV-Projektes MEGAPHYS, in der DGUV Empfehlungsowie der DGUV Information 208-033. Die Leitmerkmalmethode "Ausübung von Ganzkörperkräften" (LMM-GK) wird als Screeningverfahren für die praxisnahe Beurteilung zur Anwendung empfohlen.

Grenzwerte und weitere Beurteilungsmaßstäbe

Es gibt keine rechtsverbindlichen Grenzwerte für maximale akzeptable oder tolerable Aktionskräfte bei der Ausübung von Ganzkörperkräften. Aktionskräfte sind vom Körper nach außen wirkende Kräfte. Sie ergeben sich aus den im Körper wirkenden Muskelkräften, den Massenkräften oder beiden zusammen (DIN 33 411 Teil 1). Da die Beanspruchung des Muskel-Skelett-Systems und des Herz-Kreislauf-Systems von Zeitdauer/Häufigkeit, Aktionskraft, Körperhaltungen und Ausführungsbedingungen abhängt, sind diese Faktoren in ihrer Kombination zu beachten. Als Beurteilungsmaßstäbe können folgende gesetzlichen Regelungen und Normen herangezogen werden:

Einen wesentlichen Maßstab zur Beurteilung der körperlichen Belastung setzt die ArbMedVV in Verbindung mit der AMR 13.2. In der ArbMedVV, Anhang Teil 3 Abs. 2 Nr. 4 sind Tätigkeiten mit wesentlich erhöhten körperlichen Belastungen, die mit Gesundheitsgefährdungen für das Muskel-Skelett-System verbunden sind, als Anlass für Angebotsvorsorge bezeichnet.

In der ArbMedVV und in der AMR 13.2 sind die Belastungsarten "Heben, Halten, Tragen" (HHT), "Ziehen und Schieben" (ZS), "Manuelle Arbeitsprozesse" (MA) (repetitive manuelle Arbeit) sowie verschiedene Typen der "Körperzwangshaltung" (KH) in diesem Zusammenhang ausdrücklich aufgeführt. Die Auswirkungen der Belastungsart "Ausübung von Ganzkörperkräften" auf das Muskel-Skelett-System und das Herz-Kreislauf-System sind mit denen der Belastungsarten HHT und ZS vergleichbar. Die AMR 13.2 ordnet daher das Aufbringen von Ganzkörperkräften als Sonderform der Manuellen Lastenhandhabung ein.

Die AMR 13.2 definiert den Begriff der wesentlich erhöhten (und höheren) Belastung. Bei "wesentlich erhöhten" Belastungen sind eine körperliche Überforderung sowie Beschwerden (Schmerzen) ggf. mit Funktionsstörungen (reversibel ohne Strukturschäden) möglich. Bei "hoher" Belastung ist eine körperliche Überforderung wahrscheinlich, stärker ausgeprägte Beschwerden und/oder Funktionsstörungen sowie Strukturschäden mit Krankheitswert sind möglich. Wird im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung eine wesentlich erhöhte oder höhere körperliche Belastung (Risikokategorie 3 oder 4) durch das Aufbringen von Ganzkörperkräften festgestellt (ab 50 Punkte entsprechend Leitmerkmalmethode „Ganzkörperkräfte), sind vorrangig arbeitsplatzbezogene und allgemeine Präventionsmaßnahmen der Arbeitsplatzgestaltung und der Arbeitsorganisation zu prüfen und einzuleiten. Darauf wird in der AMR 13.2, Abschnitt 5 explizit hingewiesen. Entsprechend dem Risikokonzept, das für alle Leitmerkmalmethoden gültig ist, liegt eine Tätigkeit mit wesentlich erhöhter körperlicher Belastung oder höher vor, wenn bei der Beurteilung mit der Leitmerkmalmethode "Ausübung von Ganzkörperkräften" der Gesamtpunktwert den Risikobereich 3 erreicht oder überschreitet (ab 50 Punkte).

Eine Zusammenstellung von maximalen statischen Aktionskräften in Abhängigkeit von Kraftangriffspunkt, Kraftrichtung und Körperhaltung im Stehen, Hocken oder Knien enthält die DIN 33 411 Teil 5 "Maximale statische Aktionskräfte, Werte".

Für besonders schutzbedürftige Beschäftigtengruppen sind u. a. das Mutterschutzgesetz (MuSchG) § 11 Abs. (5) und Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) § 22 Abs. (1) 1 zu beachten. Der Arbeitgeber darf eine schwangere Frau keine Tätigkeiten ausüben lassen und sie keinen Arbeitsbedingungen aussetzen, bei denen sie einer körperlichen Belastung oder mechanischen Einwirkungen in einem Maß ausgesetzt ist oder sein kann, dass dies für sie oder für ihr Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt. Jugendliche dürfen nicht mit Arbeiten beschäftigt werden, die ihre physische oder psychische Leistungsfähigkeit übersteigen.

nach oben