Psychische Erkrankungen in der Arbeitswelt: Betriebliche Wiedereingliederung aus der Perspektive der Zurückkehrenden

Hintergrund: Return to Work (RTW) nach einer psychischen Krise ist ein komplexer Prozess, der noch nicht hinlänglich erforscht ist. Aktuelle Studien deuten an, dass eine Kombination aus medizinisch-therapeutischen und arbeitsbezogenen Maßnahmen im RTW-Prozess erfolgversprechend scheint. Darüber hinaus sind individuelle, soziale und betriebliche Faktoren wichtig. Ziel der Studie ist es, das Erleben, Verhalten und Handeln der zurückkehrenden Beschäftigten im RTW-Prozess von der Behandlung nach einer psychischen Krise bis zur Rückkehr in den Betrieb mit Blick auf eine erfolgreiche und nachhaltige Wiedereingliederung zu analysieren.

Methodik: Die qualitative Teilstudie ist eingebettet in eine Mixed-Methods Längsschnittstudie. Aus dem Sample der quantitativen Studie (n=286) wurde ein qualitatives Subsample (n=32) ausgewählt. Mit den 32 zurückkehrenden Beschäftigten wurden narrativ fundierte Interviews zu drei Erhebungszeitpunkten geführt und mit der Dokumentarischen Methode der Interpretation nach R. Bohnsack ausgewertet.

Ergebnisse: Als Entstehensbedingungen für eine psychische Krise beschrieben die interviewten Beschäftigten die Arbeit und ihre Einstellung dazu oder private, biographische Umstände, aber auch Kombinationen dieser Faktoren. Aus den Interviews lassen sich drei Risikomuster der Rückkehr ableiten sowie sechs Typen rekonstruieren, die für den Weg in die Krise stehen. Zentrale Faktoren, die das Handeln der zurückkehrenden Beschäftigten bei der Wiedereingliederung positiv beeinflussen, sind: (1) die Selbstwirksamkeit (SW) und (2) ein prosoziales Coping der Zurückkehrenden, (3) die soziale Unterstützung durch Vorgesetzte und Mitarbeitende, (4) die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, sowie (5) ein professionelles RTW-Coaching für Zurückkehrende mit besonderen Bedarfen. Die Nachhaltigkeit der Rückkehr wird nach einem Jahr an (a) einer positiven Einstellung gegenüber der Arbeit, (b) einer verbesserten Leistungs- und Belastungsfähigkeit, (c) einem souveränen Umgang mit der Erkrankung, (d) einer stabilen SW, (e) einem guten Klima im Arbeitsteam, (f) einer guten Balance zwischen Arbeit und Privatleben und (g) einem insgesamt positiven RTW-Verlauf festgemacht.

Schlussfolgerungen: RTW kann insgesamt als kohärenter und kontinuierlicher Prozess verstanden werden. Gleichzeitig lässt sich eine erfolgreiche und nachhaltige Wiedereingliederung als ein ressourcen-orientierter Prozess beschreiben. Die Erkenntnisse der Studie können zukünftig für die Weiterentwicklung der Früherkennung von psychischen Krisen im betrieblichen Kontext genutzt werden.

Bibliografische Angaben

Titel:  Psychische Erkrankungen in der Arbeitswelt: Betriebliche Wiedereingliederung aus der Perspektive der Zurückkehrenden. 

Verfasst von:  R. Stegmann, I. L. Schulz, U. B. Schröder

1. Auflage.  Dortmund:  Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 2021.  Seiten: 70, Projektnummer: F 2386, PDF-Datei, DOI: 10.21934/baua:bericht20210127

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Forschungs­projekte

ProjektnummerF 2386 StatusAbgeschlossenes Projekt Psychische Erkrankungen in der Arbeitswelt und betriebliche Wiedereingliederung: Mixed-Methods-Follow-Up-Studie zu Determinanten einer erfolgreichen Wiedereingliederung aus der Perspektive der Betroffenen (Projekt 2b - qualitativer Teil)

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Forschung abgeschlossen