Mit der umfassenden Novellierung des Europäischen Rechtsaktes zur allgemeinen Produktsicherheit (EU-Produktsicherheitsverordnung (VO (EU) 2023/988, die General Product Safety Regulation - "GPSR") wird der europäische Gesetzgeber der Digitalisierung von Produkten und den Herausforderungen des Onlinehandels sowie neuer Geschäftsmodelle gerecht. Die Verordnung tritt am 13. Dezember 2024 vollständig in Kraft.
Die GPSR zielt unter anderem darauf ab, Produktrückrufe effektiver zu gestalten. So verlangt der Artikel 14 der GPSR von den Wirtschaftsakteuren interne Prozesse zur Gewährleistung der Sicherheit ihrer Produkte zu etablieren. Dazu zählt insbesondere, dass sie angemessene Verfahren für Produktrückrufe etablieren.
An dieser Stelle möchten wir für die neuen Rückrufregeln sensibilisieren. Wir fassen hier Fragen und Antworten zu Rückrufaktionen zusammen, die die EU-Kommission im Zuge eines Workshops zur EU-Produktsicherheitsverordnung mit den Mitgliedstaaten erörtert hat.
Was ist ein angemessener Zeitrahmen für Abhilfemaßnahmen im Falle von Rückrufen?
Die Bewertung erfolgt durch die zuständige Marktüberwachungsbehörde und wird von Fall zu Fall entschieden. Der Zeitrahmen hängt von der Art des Produkts ab, bspw. ob es im täglichen Gebrauch ist oder der Gebrauch weniger kritisch einzustufen ist.
Gibt es eine Frist, innerhalb derer Verbraucherinnen und Verbraucher im Falle eines Rückrufs Abhilfemaßnahmen verlangen können?
Artikel 37 der GPSR sieht keine spezifische Frist vor.
Wann sollten Wirtschaftsbeteiligte die Behörden über ein mangelhaftes Produkt informieren?
Für Hersteller gilt Artikel 9(8): "Wenn ein Hersteller aufgrund der ihm vorliegenden Informationen der Auffassung ist oder Grund zu der Annahme hat, dass ein von ihm in Verkehr gebrachtes Produkt ein gefährliches Produkt ist, so verfährt der Hersteller unverzüglich wie folgt:
- a) Er ergreift die erforderlichen Korrekturmaßnahmen, um die Konformität des Produkts auf wirksame Weise herzustellen, wozu gegebenenfalls auch eine Rücknahme vom Markt oder ein Rückruf gehören können;
[…]
- c) er unterrichtet die Marktüberwachungsbehörden der Mitgliedstaaten, in denen das Produkt auf dem Markt bereitgestellt wurde, über das Safety-Business-Gateway davon."
Für Importeure gilt Art 11(8): Er unterrichtet den Hersteller.
Für Händler gilt Art. 12(4): Er informiert den Hersteller oder den Importeur je nach Fall.
Welche Pflichten haben Online-Marktplätze im Zusammenhang mit Produktrückrufen?
Wenn der Kontakt zwischen Kunde und Marktplatz online hergestellt wird, muss der Marktplatz den Verbraucher direkt benachrichtigen. Andernfalls muss er die Informationen breiter bekannt machen, z. B. mit Hilfe eines öffentlichen Rückrufes.
Für die Bekanntmachung eines Rückrufes sollte das Rückrufformular verwendet werden, das die Europäische Kommission im Zusammenhang mit der GPSR bereitgestellt.
Wenn es sich bei dem verkauften Produkt um ein Produkt des Online-Marktplatzes (Marktplatz als Hersteller) handelt, wird das Unternehmen als Wirtschaftsakteur betrachtet und muss die entsprechenden Pflichten übernehmen.
Wer ist für die Durchführung eines Produktrückrufs zuständig?
Gemäß Art. 35 der GPSR nehmen Wirtschaftsakteure und Anbieter von Online-Marktplätzen in Verbindung mit ihren Verpflichtungen aus Artikel 9, 10, 11 und 12 bzw. 22(12) Produktrückrufe vor. Die GPSR behält das Kaskadensystem der Verordnung über die Marktüberwachung (EU) 2019/1020 bei, wobei die letzte Verantwortung beim Hersteller liegt.