Zahlen, Daten und Fakten zur Gestaltung der Arbeitszeit
Die Gestaltung der Arbeitszeit bestimmt zu großen Teilen, welche Zeit zur Erholung und für private Verpflichtungen zur Verfügung steht. Sie gehört daher zu den zentralen Themen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Aufgrund der sich verändernden Anforderungen in der Arbeitswelt steht die Regulation und Gestaltung der Arbeitszeit im Mittelpunkt politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Diskussionen in Deutschland. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) schafft mit der BAuA-Arbeitszeitbefragung eine empirische Datenbasis für diese Diskussion.
Im Rahmen der BAuA-Arbeitszeitbefragung werden seit 2015 in zweijährigem Abstand Erwerbstätige zu ihren Arbeitszeiten befragt. Die aktuelle Befragung 2023 wurde erneut unter mehr als 11.000 Erwerbstätigen durchgeführt und liefert aktuelle Daten zur Arbeitszeitgestaltung in Deutschland. Die Daten geben differenziert Aufschluss über die Arbeitszeitrealität der Beschäftigten und erlauben unter anderem eine Einschätzung zu Fragen der Arbeitszeit und deren Gestaltung. Im Folgenden werden Ergebnisse auf Basis der aktuellen Daten der BAuA-Arbeitszeitbefragung 2023 vorgestellt.
Länge der Arbeitszeit, Überstunden und verkürzte Ruhezeiten
Die durchschnittliche tatsächliche Wochenarbeitszeit von abhängig Beschäftigten ist von 2019 bis 2023 leicht von 38,8 auf 38,5 Stunden gesunken. Dieser Rückgang resultiert hauptsächlich aus einer Verkürzung der Arbeitszeit bei Männern (2019: 42,3 Stunden, 2023: 41,4 Stunden). Bei Frauen ist hingegen ein kleiner Anstieg zu verzeichnen (2019: 34,9 Stunden, 2023: 35,0 Stunden, vgl. Abb. 1). Abhängig Beschäftigte erbrachten 2023 durchschnittlich 3,1 Überstunden pro Woche, was einen leichten Rückgang im Vergleich zu 2019 (3,4 Stunden) darstellt. Dieser Rückgang ist ausschließlich bei Männern zu verzeichnen (2019: 3,8 Stunden, 2023: 3,4 Stunden), während die Überstunden bei Frauen 2023 mit 2,9 Stunden auf dem gleichen Niveau wie 2019 blieben.
Neben der Dauer der Arbeitszeit sind auch ausreichende Ruhezeiten entscheidend für die Erholung und die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit. Üblicherweise müssen zwischen dem Ende eines Arbeitstages und dem Beginn des nächsten mindestens elf Stunden ununterbrochene Ruhezeit liegen.
Seit 2017 liegt der Anteil der Beschäftigten, die mindestens einmal im Monat eine verkürzte Ruhezeit von weniger als elf Stunden haben, konstant bei 16 bis 18 Prozent. Teilzeitbeschäftigte sind auch 2023, wie in den Jahren zuvor, mit 9 Prozent seltener von verkürzten Ruhezeiten betroffen als Arbeitnehmer mit einer moderaten oder langen Vollzeitbeschäftigung (35–48 Stunden: 15 Prozent). Bei überlanger Vollzeit (mehr als 48 Stunden) erleben sogar rund 51 Prozent der Beschäftigten verkürzte Ruhezeiten.
Lage der Arbeitszeit: Arbeiten, wenn andere frei haben
Die Arbeitszeitgestaltung umfasst auch die Arbeit an Wochenenden und Feiertagen – Zeiträume, die für soziale Kontakte, Freizeitaktivitäten und Erholung besonders wichtig sind. Aktuelle Daten der BAuA-Arbeitszeitbefragung 2023 zeigen einen leichten Rückgang der Wochenendarbeit. Während 2019 noch 40 Prozent der Beschäftigten mindestens einmal im Monat am Wochenende arbeiteten, sank der Anteil 2023 auf 36 Prozent. Dieser Trend ist sowohl bei Männern als auch bei Frauen zu beobachten: 2019 berichteten noch 42 Prozent der Männer und 38 Prozent der Frauen von regelmäßiger Wochenendarbeit, während es 2023 in beiden Gruppen jeweils 36 Prozent sind (siehe Abb. 2).
Neben der Wochenendarbeit hat auch die Arbeit außerhalb des Zeitraums von 7 bis 19 Uhr in den letzten Jahren leicht abgenommen. Laut der BAuA-Arbeitszeitbefragung 2023 arbeiteten 19 Prozent der Beschäftigten regelmäßig in diesen Randzeiten – ein Rückgang gegenüber 21 Prozent im Jahr 2019. Während der Anteil bei Männern weitgehend stabil blieb (2019: 21 %, 2023: 22 %), zeigt sich bei Frauen ein deutlicher Rückgang. 2019 arbeiteten noch 21 Prozent von ihnen außerhalb der Kernzeiten, 2023 waren es nur noch 16 Prozent.
Vor- und Nachteile von flexiblen Arbeitszeiten
Die Flexibilisierung der Arbeitszeiten hat in den letzten Jahren zugenommen und kann sowohl für Unternehmen als auch für Beschäftigte Vorteile bringen. Dabei sind jedoch unterschiedliche Perspektiven zu berücksichtigen. Betriebsorientierte Flexibilität, wie Überstunden, Schichtarbeit oder Arbeit auf Abruf, ermöglicht es Unternehmen, auf wirtschaftliche Schwankungen zu reagieren. Für Beschäftigte bedeutet dies jedoch oft eine geringere Planbarkeit der Arbeitszeiten, was sich negativ auf Gesundheit und Work-Life-Balance auswirken kann.
Im Gegensatz dazu bietet eine beschäftigtenorientierte Flexibilität – etwa durch Gleitzeit oder individuelle Arbeitszeitgestaltung – mehr Einfluss auf die eigene Arbeitszeit. Dies erleichtert die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und geht häufig mit besserer Gesundheit sowie höherer Zufriedenheit einher.
Die Ergebnisse der BAuA-Arbeitszeitbefragung 2023 bestätigen den anhaltenden Trend zu mehr Flexibilitätsmöglichkeiten für Beschäftigte. Immer mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können ihre Arbeitszeit individueller gestalten:
- Arbeitsbeginn und -ende: 49 Prozent konnten selbst bestimmen, wann sie mit der Arbeit beginnen oder aufhören (2021: 46 Prozent).
- Pausen: 65 Prozent der Beschäftigten gaben an, (sehr) viel Einfluss auf ihre Pausenzeiten zu haben (2019: 58 Prozent).
- Stunden freinehmen: 54 Prozent konnten flexibel Stunden frei nehmen (2021: 52 Prozent).
- Urlaub und freie Tage: 67 Prozent hatten Einfluss darauf, wann sie Urlaub oder freie Tage nehmen (2021: 66 Prozent).
Allerdings bestehen weiterhin geschlechtsspezifische Unterschiede: Frauen hatten in allen Bereichen der zeitlichen Flexibilität weniger Einfluss auf ihre Arbeitszeit als Männer (siehe Abb. 3).
Arbeitszeiterfassung: Spürbare Zunahme insbesondere bei Arbeit von zu Hause
Die Erfassung der Arbeitszeit spielt eine zentrale Rolle für den Arbeits- und Gesundheitsschutz. Sie ermöglicht nicht nur eine transparente Aufzeichnung von Überstunden und eine faire Entlohnung, sondern stellt auch sicher, dass Arbeitszeitvorschriften eingehalten werden. Urteile des Europäischen Gerichtshofs (2019) und des Bundesarbeitsgerichts (2022) verpflichten Arbeitgeber dazu, die tägliche Arbeitszeit systematisch zu erfassen. Eine lückenlose Dokumentation unterstützt eine gesundheitsgerechte Arbeitszeitgestaltung, erleichtert die Gefährdungsbeurteilung und trägt zur präventiven Arbeitsgestaltung bei. Zudem ist sie ein wichtiges Instrument für die staatliche Arbeitsschutzaufsicht.
Die Erfassung der Arbeitszeit ist weit verbreitet: Rund 80 Prozent der Beschäftigten dokumentieren ihre Arbeitszeiten (siehe Abb. 4a). Im Vergleich zu 2021 ist 2023 eine leichte Zunahme bei der Arbeitszeiterfassung über ein Arbeitszeitkonto zu beobachten – der Anteil stieg von 66 auf 69 Prozent.
Besonders deutlich zeigt sich dieser Anstieg bei Beschäftigten mit hohem Anforderungsniveau: In hochkomplexen Tätigkeiten erhöhte sich die Nutzung eines Arbeitszeitkontos von 64 auf 73 Prozent. Besonders stark ist der Zuwachs in unternehmensbezogenen Dienstleistungsberufen sowie IT- und naturwissenschaftlichen Dienstleistungsberufen, in denen zuvor überdurchschnittlich viele Beschäftigte ihre Arbeitszeiten nicht erfassten.
Da diese Berufsgruppen häufiger Vereinbarungen zu Telearbeit oder Homeoffice haben, überrascht es nicht, dass auch die Arbeitszeiterfassung im Homeoffice deutlich zugenommen hat (siehe Abb. 4b).