Arbeitsschutzorganisation

Jeder Arbeitgeber ist verpflichtet, Sicherheit und Gesundheitsschutz von Beschäftigten betrieblich zu organisieren. Wie das geht, welche Strukturen dafür gebraucht werden und welche Instrumente dabei hilfreich sein können, erfahren Sie hier.

Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes
© Uwe Völkner, Fotoagentur FOX

Aufbau- und Ablauforganisation des betrieblichen Arbeitsschutzes

Unter Arbeitsschutz sind alle Maßnahmen zu verstehen, die Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz gewährleisten und verbessern. Wie Bedarfe identifiziert, Entscheidungen getroffen und schließlich Maßnahmen ergriffen werden, ist Sache der betrieblichen Arbeitsschutzorganisation. Zu ihr gehören Elemente der Aufbauorganisation wie z. B. der Arbeitsschutzausschuss (ASA). Dieses Gremium muss nach § 11 Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) von allen Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten eingerichtet werden. Zu ihr gehören aber auch Elemente der Ablauforganisation wie z. B. die Gefährdungsbeurteilung nach §§ 5 und 6 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). Weitere tragende Säulen der betrieblichen Arbeitsschutzorganisation sind die grundsätzlich von allen Betrieben ab einem Beschäftigten zu bestellende Fachkraft für Arbeitssicherheit (Sifa) und der Betriebsarzt bzw. die Betriebsärztin. Diese Fachleute beraten und unterstützen die Unternehmensleitung bei der betrieblichen Prävention und der menschengerechten Gestaltung der Arbeitsbedingungen. Neben dieser Beratungsfunktion nehmen sie in der Regel auch selbst Aufgaben bei der Umsetzung von Arbeitsschutzmaßnahmen wahr. Die Verantwortung, dass alles, was im Arbeitsschutz vorgeschrieben, möglich und zumutbar ist, auch umgesetzt und ständig weiter verbessert wird, verbleibt jedoch beim Arbeitgeber.

Einsatz von Fachkräften für Arbeitssicherheit und Betriebsärzten

Die allgemeinen Vorgaben des ASiG zum Einsatz von Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit werden durch die Anforderungen der seit 2011 geltenden Vorschrift 2 der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) näher beschrieben. Diese Vorschrift konkretisiert die Anforderungen des ASiG hinsichtlich der erforderlichen sicherheitstechnischen Fachkunde der Fachkräfte für Arbeitssicherheit. Die Fachkunde wird danach durch einen Sifa-Lehrgang in Kombination mit einer der vorgeschriebenen Basis-Qualifikationen (Meister/in, Techniker/in oder Ingenieur/in) erworben. Für Betriebsärzte konkretisiert sie die Anforderungen in Bezug auf die erforderliche Zusatzqualifikation "Betriebsarzt" bzw. die Facharztausbildung "Arbeitsmedizin".

Darüber hinaus beschreibt die DGUV Vorschrift 2 vor allem das Aufgabenspektrum der betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuung sowie mögliche Betreuungsmodelle, wie z. B. das "alternative Betreuungsmodell". Dabei handelt es sich um ein Modell für kleinere Betriebe mit bis zu 50 Beschäftigten, das eine sicherheitstechnische Betreuung überwiegend durch den geschulten Unternehmer selbst vorsieht. Auch sind hier die Kriterien angegeben, mit denen der Betreuungsumfang ermittelt werden kann. Die Vorschrift stellt insofern die grundlegende Orientierungshilfe für Unternehmen aller Betriebsgrößen und Branchen dar. Sie ist in einer jeweils angepassten Fassung bei dem Unfallversicherungsträger erhältlich, bei dem der einzelne Betrieb versichert ist. Die zwischen allen Unfallversicherungsträgern abgestimmte "Musterversion" der DGUV Vorschrift 2 finden Sie auch auf dieser Seite unter der Rubrik "Links".

Selbstbewertungstool "GDA-ORGA-Check"

Neben der betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuung gibt es noch eine Reihe weiterer gesetzlicher Vorgaben zur betrieblichen Arbeitsschutzorganisation. Für deren Konkretisierung hat die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) gesorgt, eine von Bund, Ländern und Unfallversicherungsträgern unter Beteiligung der Sozialpartner gesteuerte nationale Strategie. Die genannten Strategiepartner haben 2013 das Selbstbewertungstool "GDA-ORGA-Check" herausgegeben. Der GDA-ORGA-Check übersetzt die GDA-Leitlinie "Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes" in eine für Betriebe handhabbare Version. Er orientiert sich dabei an den 15 Prüfelementen der GDA-Leitlinie, die die Aufsichtsdienste von Ländern und Unfallversicherungsträgern bei ihrer Beratung und Überwachung verwenden (können). So stellt der GDA-ORGA-Check beispielsweise Fragen zur strukturellen Berücksichtigung des Arbeitsschutzes in betrieblichen Planungs- und Beschaffungsprozessen oder zur möglichen Einbindung von Fremdfirmen in die Arbeitsabläufe. Einbezogen in den GDA-ORGA-Check sind auch Anforderungen aus der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbmedVV). Sie finden den GDA-ORGA-Check unter der Rubrik "Links".

Arbeitsschutzorganisation at its best: Arbeitsschutzmanagementsysteme

Betriebe, die in besonderer Weise ihrer Verpflichtung zu einer funktionierenden Arbeitsschutzorganisation nachkommen wollen, können das durch die freiwillige Einführung eines Arbeitsschutzmanagementsystems (AMS) tun. Ein AMS unterstützt die Verankerung von Sicherheit und Gesundheitsschutz in Führungsstrukturen und Abläufen besonders gut. Die betriebliche Einführung eines der verschiedenen AMS auf dem Markt - etwa der ISO-Norm 45001 - ist i.d.R. kostenpflichtig. Eine kostenlose Alternative bietet der Nationale Leitfaden (NLF) für Arbeitsschutzmanagementsysteme. Dieser Leitfaden ist als Rahmendokument für die Entwicklung und Bewertung eines AMS zu verstehen, ermöglicht Unternehmen und Organisationen einen kostenfreien Einstieg in die Materie und gewährt einen Überblick über Inhalte und Art des Aufbaus eines AMS. Auf Grundlage des NLF können die Unfallversicherungsträger und die staatlichen Arbeitsschutzbehörden den Unternehmen eine freiwillige Konformitätsprüfung anbieten. Eine solche Konformitätsprüfung stellt fest, inwieweit ein AMS mit allgemeinen Systemanforderungen übereinstimmt und bestätigt schriftlich das Ergebnis dieser Prüfung.

Die Zukunft der Organisation des Arbeitsschutzes

Die Corona-Pandemie stellte auch den Arbeitsschutz vor zahlreiche Herausforderungen und rückte ihn in den Fokus der Öffentlichkeit. Betriebe waren in besonderer Weise gefordert, die Gesundheit ihrer Beschäftigten zu schützen. Dies erfolgte vielmals dynamisch, unter großer Unsicherheit, aber auch mit großem Engagement. Verschiedene Datenerhebungen verweisen einerseits auf ein hohes Spektrum an ergriffenen Arbeitsschutzmaßnahmen, andererseits wird der Einfluss bestehender Strukturen und auch Versäumnisse in der betrieblichen Organisation des Arbeitsschutzes deutlich. Die von vielen Betriebsverantwortlichen getroffene Aussage, dass der Arbeitsschutz an Bedeutung gewinnt, wird sich erst in Zukunft messen lassen. Gleiches gilt auch für beabsichtigte Investitionen oder den Wunsch nach einer höheren Qualifizierung zu arbeitsschutzrelevanten Themen. Dass qualifizierte Führungskräfte und Unternehmensleitungen in Klein- und Kleinstbetrieben (KKU) eher den gesetzlichen Anforderungen nach einer arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Betreuung nachkommen, zeigte zuletzt eine Auswertung der deutschen Daten aus der europäischen Unternehmensbefragung zu neuen und aufkommenden Risiken in der Arbeitswelt (ESENER 2019).

Doch bereits vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie zeigte die Digitalisierung, dass neue Strukturen und Herangehensweisen im betrieblichen und überbetrieblichen Arbeitsschutz an Bedeutung gewinnen, um eine zunehmende Unsichtbarkeit abzuwenden. Darüber hinaus lassen technologische Entwicklungen den technischen und organisatorischen Arbeitsschutz enger zusammenrücken und erfordern neue Konzepte bei der Beurteilung von Arbeitsmitteln, wie beispielsweise KI-gestützten Produktionsanlagen.

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Publikationen und Dokumente

Geschultes Management hat Gesundheitsschutz häufiger auf der Agenda: Ergebnisse einer Betriebsbefragung

baua: Bericht kompakt 2024

Auswertungen der deutschen Daten der ESENER-3-Betriebsbefragung zeigen: Schulungen für Sicherheit und Gesundheitsschutz gehen mit einer erhöhten Auseinandersetzung mit diesem Thema einher. Geschulte Führungskräfte haben einen weiten Einflussradius, sodass sie Gesundheitsschutz sowohl beim

Zur Publikation

Folgen der COVID-19 Pandemie für die Ausgestaltung von Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz

baua: Fokus 2023

Der vorliegende Fokus fasst die Ergebnisse einer umfassenden Literaturstudie zusammen, die dauerhafte Veränderungen in der Arbeitswelt als Folge der COVID-19 Pandemie sowie die daraus resultierenden Konsequenzen für die Gesundheit der Beschäftigten und den Arbeits- und Gesundheitsschutz …

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Arbeitsschutz in Kleinst- und Kleinbetrieben während der Pandemie und in der Zukunft

baua: Fokus 2022

Auswertungen der Daten der 16. Welle der Betriebsbefragung "Betriebe in der COVID-19 Krise" zeigen, dass bei der Umsetzung pandemiespezifischer Arbeitsschutzmaßnahmen sowie bei der Einstellung zur zukünftigen Bedeutung und Organisation des Arbeitsschutzes zum Teil deutliche Unterschiede zwischen …

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Klein- und Kleinstbetriebe - unterstützt, geschult, digitalisiert?

baua: Bericht kompakt 2023

Analysen der deutschen Teilstichprobe der ESENER-3-Befragung aus 2019 zeigen, dass geschulte Unternehmensleitungen häufiger Gesundheitsschutz- und Sicherheitsdienstleistungen in Anspruch nehmen als ungeschulte Unternehmensleitungen. Mit der Inanspruchnahme von Unterstützungsleistungen steigt die …

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Arbeitsschutzpraxis von Kleinst- und Klein­betrieben mit und ohne alternative Betreuung: Ergebnisse der GDA-Betriebs­befragung 2015

baua: Fokus 2019

In Deutschland müssen sich alle Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber gemäß dem Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit (ASiG) sicherheitstechnisch und betriebsärztlich unterstützen lassen. Betriebe mit bis zu 50 Beschäftigen können gemäß der …

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"Für die Kleinen alles gaaanz einfach!" - oder doch nicht? Narrative über die Praxis des Arbeits- und Gesundheitsschutzes in KMU

Aufsatz 2022

In den Handlungsempfehlungen für KMU, die von institutionellen Trägern von Prävention und Betrieblicher Gesundheitsförderung verbreitet werden, wiederholen sich bestimmte Narrative (Erzählungen). Diese zeichnen über die verschiedenen Akteure hinweg ein recht homogenes Bild, das jedoch der Vielfalt …

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Umsetzung der betrieblichen Arbeitsschutz­organisation - zukünftig integrierter und digitaler?

Aufsatz 2022

Um sichere, gesundheits- und menschengerechte Arbeitsbedingungen für ihre Beschäftigten zu gewährleisten, haben Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen eine geeignete Aufbau- und Ablauforganisation zu schaffen. Dass Arbeitsschutzmaßnahmen integriert in betriebliche Führungsstrukturen zu planen und …

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Gesund und sicher digital: Der Weg zum Arbeitsschutz­system der Zukunft

Aufsatz 2023

Die Anforderungen an wirkungsvolle Arbeitsschutzstrukturen wandeln sich im Zuge der digitalen Transformation. Damit Sicherheit und Gesundheit auch in der Arbeitswelt der Zukunft gewährleistet werden können, bedarf es eines verbesserten Zusammenspiels zwischen technischem und organisatorischem …

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Veränderte Arbeits­anforderungen in der digitalisierten Arbeitswelt

baua: Bericht kompakt 2021

Die Digitalisierung birgt Chancen und Risiken für eine menschengerechte Gestaltung der Arbeit. Im Rahmen der Befragung "Digitalisierung und Wandel der Beschäftigung" wurden der Einsatz von Technologien, Arbeitsbedingungen sowie Gesundheitsparameter von Beschäftigten erhoben. Dabei zeigen sich …

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Lehren aus der Pandemie: Zukünftige Entwicklungen des Arbeitsschutzes aus Sicht der Betriebe

baua: Bericht kompakt 2021

Nach eineinhalb Jahren Pandemie sind betriebliche Arbeitsschutzmaßnahmen noch immer ein wesentlicher Bestandteil der Strategie zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie. Eine gemeinsam von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) und dem Institut für Arbeitsmarkt- und …

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Bedarf an Fachkräften für Arbeitssicherheit in Deutschland

baua: Bericht 2017

Fachkräfte für Arbeitssicherheit sind eine wichtige Säule des betrieblichen Arbeitsschutzes. Vorliegende Befunde zeigen strukturelle und qualitative Defizite der sicherheitstechnischen Betreuung auf. Die Betreuung erfolgt in einer Arbeitswelt, die einem dynamischen Wandel unterliegt und neue …

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Betriebliche und überbetriebliche Einflussgrößen auf die Tätigkeit und Wirksamkeit von Fachkräften für Arbeitssicherheit

baua: Bericht 2015

Gegenstand des Gutachtens ist die Zusammenschau und Verdichtung von Erkenntnissen zur Tätigkeit und Wirksamkeit von Fachkräften für Arbeitssicherheit (Sifa). Die Befunde wurden aus Daten der GDA-Betriebsbefragung im Rahmen der Dachevaluation der ersten GDA-Periode (2011) und der …

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Arbeitsmedizinischer Betreuungsbedarf in Deutschland

Bericht 2014

Der Ärztemangel in Deutschland führt auch in der Arbeitsmedizin zu Nachwuchsproblemen. Gleichzeitig nimmt der Bedarf an arbeitsmedizinischen Leistungen zur betriebsärztlichen Betreuung nach dem Arbeitssicherheitsgesetz und darüber hinaus in den Unternehmen aufgrund steigender demografischer und …

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Marktrecherche zu deutsch­sprachigen internet­gestützten Anwendungen zur Umsetzung von organisatorischen Regelungen des betrieblichen Arbeits­schutzes ("E-Arbeitsschutz")

baua: Bericht 2020

Im Bereich Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit kommen aufgrund der Entwicklungen in der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) immer mehr digitale Technologien zum Einsatz. Ziel dieses Projektes ist es, eine Grundlage zu schaffen, auf deren Basis die Einschätzung und Bewertung der …

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Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes - ein Blick auf aktuelle Daten

Aufsatz 2018

Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) verpflichtet die Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen, für eine geeignete Organisation zur Planung und Durchführung der Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu sorgen, diese Aktivitäten in die betrieblichen Führungsstrukturen einzubinden, dafür Sorge zu tragen, dass die …

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Leitfaden für Arbeitsschutzmanagementsysteme

(PDF, 202 KB, Datei ist nicht barrierefrei)

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Weitere Informationen

Forschungsprojekte

ProjektnummerF 2505 StatusAbgeschlossenes Projekt Technischer und organisatorischer Arbeitsschutz

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Forschung abgeschlossen

ProjektnummerF 2532 StatusAbgeschlossenes Projekt Europäische Unternehmenserhebung über neue und aufkommende Risiken (ESENER)

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Forschung abgeschlossen