Biologische Wirkungen und Gefährdungen optischer Strahlung

Die Wirkung optischer Strahlung ist auf die Augen und die Haut begrenzt und die Eindringtiefe ist von der Wellenlänge abhängig. Während kurzwellige UV-Strahlung und langwellige IR-Strahlung bereits an der Oberfläche absorbiert werden, dringt Strahlung im sichtbaren und nahen IR-Spektralbereich tiefer ein. Art und Schwere einer durch optische Strahlung hervorgerufenen Schädigung ist neben der Wellenlänge auch abhängig von der Intensität, der Bestrahlungsdauer sowie der bestrahlten Fläche und den optischen Eigenschaften des Gewebes, hier vor allem seinem Absorptionsvermögen.

Die Abhängigkeit der Absorption von der Wellenlänge hängt mit den unterschiedlichen optischen Eigenschaften der Gewebebestandteile zusammen. Biologisches Gewebe enthält in der Regel sehr viel Wasser, das die optische Strahlung am stärksten im fernen IR-Bereich (IR-B und IR-C) absorbiert. Im UV-, sichtbaren und nahen IR-Bereich (IR-A) wird die Absorption dagegen durch die biologischen Moleküle Melanin bzw. Hämoglobin ermöglicht.

Photochemische Wirkungen

Vornehmlich bei einer relativ langen Bestrahlungsdauer im Minutenbereich sowie geringen Bestrahlungsstärken (< 50 mW/cm²) können photochemische Wirkungen im Gewebe ausgelöst werden. Bei den photochemischen Wirkungen wird die Energie der einfallenden optischen Strahlung in chemische Reaktionsenergie umgesetzt. Diese Effekte dominieren bei ausreichender Photonenenergie, d. h. vor allem für optische Strahlung im UV- und kurzwelligen sichtbaren Spektralbereich. Bestimmte biologische Moleküle absorbieren dabei die auftreffende optische Strahlung, werden dadurch angeregt und geben ihre Energie an Sauerstoff-Moleküle ab. Dadurch entsteht eine hochreaktive Form des Sauerstoffs (Singulett-Sauerstoff). Dieser greift das umliegende Gewebe an und erzeugt freie Radikale, die ebenfalls hochreaktiv sind und umgebende zelluläre Moleküle wie Proteine oder die Erbsubstanz Desoxyribonukleinsäure (DNS) schädigen können. Optische Strahlung im kurzwelligen UV-Spektralbereich hat sogar ausreichende Photonenenergie um eine direkte Schädigung der DNS hervorzurufen, indem chemische Bindungen gespalten und dadurch Bausteine der DNS anders verknüpft werden. Derartige Schädigungen der DNS können krebsauslösend wirken.

Eine Reihe chemischer Verbindungen und Medikamente kann das biologische Gewebe für die photochemische Wirkung von optischer Strahlung sensibilisieren. Dadurch können heftige biologische Reaktionen, so genannte "phototoxische" Reaktionen, auftreten.

Thermische Wirkungen

Bei einer Bestrahlungsdauer von einigen Sekunden bis zu einigen Millisekunden und Bestrahlungsstärken oberhalb von 100 W/cm² sind thermische Effekte zu beobachten. Sie dominieren im langwelligen Teil des sichtbaren Spektrums und im IR-Spektralbereich: Die im Gewebe enthaltenen Moleküle führen verstärkt Schwingungen aus, was zur Erhitzung des Gewebes führt. Die entstehende Wärme wird auf das umliegende Gewebe übertragen. Aufgrund einer lokalen Temperaturüberhöhung kann ein Schaden entstehen.

Es besteht ein prinzipieller Unterschied zwischen thermischen und photochemischen Wirkungen: Bleibt bei der thermischer Wirkung die Temperatur des Gewebes auch bei länger dauernder Absorption von Photonen unterhalb eines Schwellwertes, so ist keine Schädigung zu befürchten. Andererseits kann bei der photochemischen Wirkung die Absorption bereits eines Photons zu Schädigungen auf molekularer Ebene führen. Diese Veränderungen sind kumulativ.

Nichtlineare Wirkungen

Bei weiter erhöhter Bestrahlungsstärke bis 1 GW/cm² und Verkürzung der Impulsdauer auf Mikro- bis Nanosekunden "verdampft" das Gewebe, es wird praktisch explosionsartig abgetragen (Photoablation). Bei noch weiterer Verkürzung der Impulsdauer auf Werte im Nano- bis Pikosekunden-Bereich und gleichzeitiger Erhöhung der Bestrahlungsstärken auf 1 TW/cm² entsteht Plasma, d. h. freie Elektronen, Ionen und neutrale Atome bzw. Moleküle. Dieser Prozess wird begleitet von einer akustischen Stoßwelle, die sich ausbreitet und das Gewebe mechanisch zerstört. In diesem Fall spricht man von Photodisruption.

Gefährdungen der Augen

Das am meisten gefährdete Organ beim Umgang mit optischer Strahlung ist das Auge. Die Hornhaut ist nach außen nur durch eine wenige Mikrometer dicke Schicht gegen die Tränenflüssigkeit geschützt. An die Hornhaut schließt sich die vordere Augenkammer an, die mit Kammerwasser gefüllt ist. Vor der Augenlinse befindet sich kreisförmig die Regenbogenhaut (Iris). Die Öffnung der Regenbogenhaut wird Pupille genannt. Der Pupillendurchmesser ändert sich je nach Helligkeit, und bestimmt damit, wie viel sichtbare optische Strahlung ins Auge eintreten kann. Zwischen der Linse und der Netzhaut (Retina) befindet sich der Glaskörper, der zu etwa 98% aus Wasser sowie einem Netz von Kollagenfasern besteht und eine gelartige Struktur hat.

Schematische Darstellung Auge

In der Netzhaut, wo die Photorezeptoren liegen, werden die Lichtreize zu Signalen verarbeitet, die durch den Sehnerv an das Gehirn weitergeleitet werden. An der Einmündung des Sehnervs und der Blutgefäße in die Netzhaut befinden sich weder Zapfen noch Stäbchen, so dass ein Sehen dort nicht möglich ist. Sie heißt deshalb Blinder Fleck. Als Gelber Fleck wird der Bereich der Netzhaut mit der größten Dichte von Photorezeptoren bezeichnet. Er befindet sich in der Mitte der Netzhaut. Die Netzhautgrube ist der zentrale Teil des Gelben Flecks, sie ist die Stelle des schärfsten Sehens. Hinter der Photorezeptorenschicht folgen das Pigmentepithel und die Aderhaut, die die Netzhaut mit Blut versorgt und auf der Lederhaut aufliegt. Die optische Strahlungsenergie wird überwiegend durch Melanin in einer sehr dünnen Schicht des Pigmentepithels absorbiert.

Das Sehvermögen ist auf den sichtbaren Spektralbereich begrenzt, d. h. diese Strahlung gelangt durch die Hornhaut, die Augenlinse und den Glaskörper, wird auf der Netzhaut abgebildet und kann unter Umständen eine Netzhautschädigung hervorrufen. Schäden an der Netzhaut sind besonders schwerwiegend und können zu erheblichen Beeinträchtigungen des Sehvermögens führen. Kleinere Schädigungen der Netzhaut bleiben meist unbemerkt, soweit sie außerhalb des Flecks des schärfsten Sehens liegen. Größere geschädigte Stellen können jedoch zu Ausfällen im Gesichtsfeld führen. Bei einer Schädigung an der Stelle des schärfsten Sehens kann das Scharfsehen und das Farbsehvermögen stark verringert werden. Wird gar der Blinde Fleck getroffen, droht die völlige Erblindung. Im Hinblick auf eine potenzielle Netzhautschädigung muss besonders berücksichtigt werden, dass darüber hinaus auch optische Strahlung im IR-A-Spektralbereich bis 1400 nm von der Augenlinse auf die Netzhaut fokussiert wird. Obwohl sie nicht wahrgenommen werden kann, weil die Netzhaut für diese Wellenlängen keine Rezeptoren besitzt, kann sie dort Schädigungen hervorrufen. Eine Netzhautschädigung ist irreversibel.

Eine thermische Netzhautschädigung entsteht immer dann, wenn in dem retinalen Pigmentepithel durch die absorbierte optische Strahlung eine Temperaturerhöhung von 10ºC - 20ºC erreicht wird. Dieser Mechanismus der Netzhautschädigung ist bei kurzer Bestrahlungsdauer (weniger als 10 s) dominant, und die Netzhautschädigung ist normalerweise sofort bemerkbar. Thermische Netzhautschädigungen werden hauptsächlich durch Laserstrahlung verursacht.

Eine photochemische Netzhautschädigung (Photoretinitis) entsteht bei längerer Bestrahlungsdauer, über 10 s. Eine bemerkbare Schädigung verzögert sich hier um mehr als zwölf Stunden und äußert sich in einer Entpigmentierung. Eine photochemische Netzhautschädigung kann entstehen wenn man für längere Zeit in die Sonne sieht, wie z. B. bei der Beobachtung einer Sonnenfinsternis.

Im UV- und im IR-Spektralbereich wird die optische Strahlung zunehmend durch Wasser in den vorderen Augenmedien absorbiert und kann somit die Netzhaut nicht schädigen, weil sich die Stelle der Einwirkung ändert. Da die UV-Strahlung und die Strahlung im fernen IR-Bereich von der Hornhaut, der Bindehaut und der Linse absorbiert werden, sind diese Teile des Auges gefährdet. Durch UV-Strahlung können photochemische Reaktionen ausgelöst werden, die zu sehr schmerzhaften Entzündungen der Hornhaut (Photokeratitis) und/oder der Bindehaut (Photokonjunktivitis) führen. Dabei werden die äußeren Zellen der Hornhaut und der Bindehaut zerstört. Die Schädigung macht sich vier bis zwölf Stunden nach der Exposition durch starke Augenschmerzen bemerkbar. Weil in der Horn- und Bindehaut immer neue Epithelzellen nachgebildet werden, ist diese Schädigung reversibel. Die Heilung tritt normalerweise innerhalb weniger Tage ein. Zu dieser Schädigung kommt es z. B. beim Elektroschweißen, wenn kein Augenschutz getragen wird.

Wiederholte Einwirkung der UV-Strahlung mit Intensitäten, die unterhalb derjenigen liegen, die zu einer akuten Horn- bzw. Bindehautentzündung führen, kann langfristig eine Linsentrübung (Katarakt) verursachen. Durch photochemische Reaktionen werden in den Linsenzellen bestimmte Proteine verändert, was zu einer Pigmentierung der Zellen führt. Da in der Augenlinse keine neuen Zellen nachgebildet werden, ist diese Schädigung irreversibel. Hier handelt es sich um einen Prozess, dessen Wirkung über einen längeren Zeitraum, meist Jahrzehnte, kumuliert.

Auch eine langjährige Einwirkung von IR-Strahlung kann zu einer Linsentrübung führen, die sich durch eine Kondensation der Linsenproteine zu Aggregaten ausbildet. Als Linsentemperatur, bei der es zu einem thermischen Katarakt kommen kann, werden Werte zwischen 40ºC und 45ºC angegeben. Auch diese Schädigung ist irreversibel und kann zur vollständigen Erblindung führen. Allerdings kann eine getrübte Augenlinse heute operativ durch eine künstliche Linse ersetzt werden. Ein Beispiel für Tätigkeiten, bei denen nach langjähriger Einwirkung von IR-Strahlung eine Linsentrübung auftreten kann, ist die Arbeit von Glasbläsern an Glasschmelzöfen. Im IR-Spektralbereich oberhalb einer Wellenlänge von etwa 2500 nm ist nur noch die Hornhaut betroffen.

Schließlich ist unter den möglichen schädlichen Wirkungen optischer Strahlung die Blendung zu nennen. Sie ist zwar nicht mit einer direkten Schädigung des Auges verbunden, kann aber das Sehen beeinträchtigen und damit zu Unfällen bei sicherheitsrelevanten Tätigkeiten, etwa im Straßenverkehr oder an Maschinen, führen.

Gefährdungen der Haut

Die Haut ist durch Melanin pigmentiert und ein wesentlicher Bestandteil des Hautgewebes ist Wasser. Die Eindringtiefe der optischen Strahlung hängt auch bei der Haut von der Wellenlänge ab. Dementsprechend sind die Hautschichten unterschiedlich stark betroffen. Ein Großteil der optischen Strahlung im UV-Spektralbereich wird von der Oberhaut absorbiert, wobei die Strahlung im langwelligen UV-A-Spektralbereich deutlich tiefer eindringt. Langwellige IR-Strahlung wird ebenfalls bereits in der Oberhaut absorbiert.

Schematische Darstellung Haut

Eine chronische UV-Exposition kann zu einer vorzeitigen Hautalterung führen, die durch eine faltige Lederhaut charakterisiert ist. Hierfür ist vor allem Strahlung im UV-A-Spektralbereich verantwortlich. Eine Exposition im UV-A-Spektralbereich kann außerdem eine sofortige, jedoch vorübergehende Veränderung der Hautpigmentierung (Sofortpigmentierung) auslösen. Die hauptsächliche Wirkung der optischen Strahlung im UV-B-Spektralbereich ist die Erythembildung (Hautrötung, Sonnenbrand). Mit dem Abklingen der Hautrötung entsteht infolge des Erythems eine verzögerte Pigmentierung der Haut. UV-C-Strahlung wird von allen biologischen Geweben so stark absorbiert, dass die Strahlung nur noch in eine dünne Oberschicht eindringen kann. Durch UV-B-Strahlung können ebenfalls Mutationen des Tumorsuppressor-Gens p53 entstehen, die Hautkrebs (Hautkarzinom) zur Folge haben können. Hautkarzinome sind die schwerwiegendste Langzeitfolge starker UV-Expositionen.

Intensive Strahlung im sichtbaren Spektralbereich kann zur Hauterwärmung führen und photosensitive Reaktionen hervorrufen. Bei Einwirkung intensiver IR-Strahlung auf die Haut kann es zur Verbrennung kommen. Bei lang andauernder Hautbestrahlung spielen sowohl Fragen der Wärmeleitung als auch der Wärmeabfuhr durch das Blut eine Rolle. Aufgrund der Durchblutung des Gewebes und der damit verbundenen Wärmeabfuhr wird die Temperaturerhöhung begrenzt.

Weitere Informationen