Gefährdungen durch physikalische Einwirkungen

Bagger bei Rodungsarbeiten im Wald
© Uwe Völkner, Fotoagentur FOX

Gefährdungen durch physikalische Einwirkungen sind nach wie vor von zentraler Bedeutung im betrieblichen Arbeitsschutz, da sie an zahlreichen Arbeitsplätzen auftreten und/oder teilweise enormes Gefährdungspotenzial besitzen. Die Gestaltung physikalischer Einwirkungen in Arbeitsumgebungen zielt primär auf Sicherheitsaspekte wie z. B. den Schutz vor gefährlicher Laser- oder auch ionisierender Strahlung. Innerhalb sich wandelnder Arbeitswelten muss sie aber auch steigenden kognitiven Anforderungen an Beschäftigte durch eine Belastungsminimierung, wie beispielsweise im Hinblick auf extraaurale Lärmwirkungen bzw. eine Belastungsoptimierung wie etwa bezüglich der Wirkungen von Licht an Arbeitsplätzen, gerecht werden. Im Kontext der Arbeit können physikalische Einwirkungen für die jeweilige Tätigkeit technologisch notwendig sein, wie Röntgenstrahlung oder elektromagnetische Felder für bildgebende Verfahren in der Medizin, oder sie können als Begleiterscheinung bei der Arbeit auftreten, wie z. B. Maschinenlärm.

Im Sinne dieses Handbuchs umfasst das Kapitel der physikalischen Einwirkungen die Faktoren

  • Lärm,
  • Vibrationen,
  • optische Strahlung,
  • elektromagnetische Felder,
  • ionisierende Strahlung sowie
  • Unter- oder Überdruck

Dabei bezeichnet Lärm hörbaren Schall, der gesundheitsschädigend, belastend oder störend wirken und zu Gehörschäden sowie zu extraauralen Gefährdungen wie beispielsweise durch Überhören von Warnsignalen, Befindlichkeits- und Kommunikationsstörungen, einem erhöhten Risiko für das Herz-Kreislauf-System oder einer verminderten Arbeitsleistung der Beschäftigten führen kann.

Vibrationen, also mechanische Schwingungen, die bei der Arbeit auf den menschlichen Körper übertragen werden, umfassen Ganzkörpervibrationen, die insbesondere Rückenschmerzen und Schädigungen der Wirbelsäule verursachen, und Hand-Arm-Vibrationen, die zu Knochen- oder Gelenkschäden, Durchblutungsstörungen oder neurologischen Erkrankungen führen können.

Strahlung beschreibt die Ausbreitung elektromagnetischer Wellen und Teilchen im Raum. In Abhängigkeit ihres Potenzials, Ionisationsvorgänge an Atomen und Molekülen in Materie hervorzurufen, wird im elektromagnetischen Spektrum ionisierende von nicht-ionisierender Strahlung (optische Strahlung und elektromagnetische Felder) unterschieden. Strahlung kann sowohl mit technologischen Verfahren erzeugt werden, z. B. Röntgen- oder Laserstrahlung, als auch auf natürliche Weise vorhanden sein, z. B. ionisierende Strahlung durch Radionuklide in der Umwelt oder die Sonnenstrahlung. Die Abbildung 6.1 gibt einen Überblick über das elektromagnetische Spektrum und zeigt exemplarisch technische Anwendungen.

Abb. 6.1 Überblick über das elektromagnetische Spektrum und exemplarische technische Anwendungen

Optische Strahlung bei der Arbeit kann von künstlichen oder natürlichen Quellen ausgehen. Entsprechend ihrer Wellenlänge wird optische Strahlung in ultraviolette (UV), sichtbare und infrarote (IR) Strahlung eingeteilt. Der für Menschen sichtbare Teil des Spektrums wird als Licht bezeichnet. Gefährdungen durch optische Strahlung bestehen vor allem in Schädigungen der Augen und der Haut. In den letzten Jahren sind Gefährdungen durch solare UV-Strahlung für Beschäftigte im Freien verstärkt in den Blickpunkt gerückt.

Elektromagnetische Felder werden anhand ihrer Frequenz in hochfrequente, niederfrequente und statische Felder unterschieden. Die Wirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder auf Beschäftigte werden durch thermische Effekte bestimmt. Bei statischen und niederfrequenten Feldern treten vor allem Reizwirkungen auf Sinnes-, Nerven- und Muskelzellen auf. Neben den direkten Wirkungen sind die indirekten Wirkungen, wie z. B. Projektilwirkung und Kontaktströme sowie mögliche Einflüsse auf aktive und passive Körperhilfsmittel, wie Herzschrittmacher, zu beachten.

Zur ionisierenden Strahlung zählen Alpha-, Beta und Gammastrahlung, Neutronenstrahlung und Röntgenstrahlung. Die mit der Strahlung transportierte Energie wird in der Zelle absorbiert, Moleküle können ionisiert, Molekülbindungen aufgebrochen werden. Gefährdungen oder gesundheitliche Schäden infolge von Strahlungsexposition hängen vom Ausmaß der Absorption der jeweiligen Strahlung und von der Art des betroffenen Gewebes im Körper ab. Strahlenschutzmaßnahmen zielen immer darauf ab, deterministische Strahlenschäden zu vermeiden und ein stochastisches Risiko zu reduzieren. Beschäftigte, die bei ihrer Tätigkeit gegenüber ionisierender Strahlung aus künstlichen oder natürlichen Quellen exponiert werden, unterliegen in Deutschland der Strahlenschutzüberwachung.

Unter- oder Überdruck beeinflussen die Aufnahme bzw. Abgabe von Atemgasen. Unterdruck in Höhenlagen, Flugzeugen oder Unterdruckkammern schränkt die Sauerstoffversorgung ein und kann insbesondere bei gleichzeitiger körperlicher Beanspruchung zu physiologischen Störungen bis zu schwerer Höhenkrankheit und tödlichen Lungen- und Hirnödemen führen. Bei Überdruck beim Tauchen und im Spezialtiefbau unter Wasser reichern sich Atemgase im Körper an, die bei zu schneller Druckabnahme lebensgefährliche physiologische Störungen und Schädigung von Knochen- und Muskelgewebe, der Kreislauffunktionen, des Zentralnervensystems und der Atemorgane hervorrufen können.

Autor

  • Dr.-Ing Erik Romanus