Hand-Arm-Vibrationen

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Ermittlung und Beurteilung

Bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen hat der Arbeitgeber zunächst festzustellen, ob Beschäftigte Vibrationen ausgesetzt sind oder sein können. Ist dies der Fall, sind alle von den Vibrationen ausgehenden Gefährdungen für die Gesundheit und Sicherheit zu beurteilen. Dazu sind die auftretenden Expositionen am Arbeitsplatz fachkundig zu ermitteln und zu bewerten (vgl. § 3 LärmVibrationsArbSchV).

Ermittlung

Eine Gefährdung besteht, wenn bei der Arbeit Vibrationen über die Handflächen einwirken. Das ist insbesondere bei den unter 6.2.2.1 "Art der Gefährdungen und ihre Wirkungen" genannten und ähnlichen Quellen der Fall, wie sie auch in TRLV Vibrationen Teil 1, Abschnitt 4.1.2 angegeben sind. Diese Quellen sind zunächst zu ermitteln.

Beurteilungsgrößen

Die Beurteilung erfolgt anhand der Schwingungsbeschleunigung a in m/s2. Da Vibrationen niedriger Frequenzen für den Menschen belastender sind als solche höherer Frequenzen, muss die Vibrationsintensität mithilfe der Frequenzanalyse körpergerecht bewertet werden. Die frequenzbewertete Schwingungsbeschleunigung für Hand-Arm-Vibrationen wird mit ahw bezeichnet.

Bei Hand-Arm-Vibrationen werden in der Regel die Schwingungsbeschleunigungen in die drei Wirkrichtungen x, y und z zur Vektorsumme ahv zusammengerechnet (Rechenformel siehe TRLV Vibrationen Teil 1, Anlage 3, Absatz 1).

Zu unterscheiden sind:

  • Emissionswerte geben an, welche Vibrationsintensität vom Arbeitsmittel ausgeht. Das sind unter standardisierten Laborbedingungen ermittelte Messwerte. Sie berücksichtigen nicht die konkreten Einsatzbedingungen. Emissionswerte müssen vom Hersteller in der Betriebsanleitung angegeben werden. Anzugeben sind die Emissionsmesswerte (meist als Vektorsumme ahv) und die Messunsicherheit K. Für die Beurteilung ist die Messunsicherheit zum Emissionswert zu addieren (worst case).
  • Immissionswerte geben die auf den Menschen über die Hände einwirkende Vibrationsintensität unter Berücksichtigung der für die Tätigkeit typischen Einsatzbedingungen an. Für die Beurteilung sind Immissionswerte heranzuziehen.

Vibrationswerte sind nach folgender Hierarchie für die Beurteilung zu verwenden (vgl. TRLV Vibrationen Teil 1, Abschnitt 4.2):

  • Vorrangig sind die Ergebnisse bereits verfügbarer fachkundiger bzw. orientierender Immissionsmessungen im Betrieb zu verwenden.
  • Sind solche Messwerte nicht verfügbar, sind Immissionsmesswerte möglichst für die gleiche Maschine, sonst den gleichen Maschinentyp aus anderen Betrieben, öffentlichen Datenbanken (z. B. KarLA des Landes Brandenburg und weitere Datenbanken) oder Fachpublikationen (z. B. IFA) mit vergleichbaren Einsatzbedingungen heranzuziehen.
  • Sind Immissionsmesswerte nicht verfügbar, sind Emissionswerte des Herstellers oder für den Maschinentyp heranzuziehen (z. B. KarLA des Landes Brandenburg). Um Emissionswerte grob in Immissionswerte zu überführen, sind die Emissionswerte mit dem passenden Korrekturfaktor aus Anlage 1 der TRLV Vibrationen Teil 1 zu multiplizieren.
  • Sind auch solche Emissionswerte nicht verfügbar, ist zu prüfen, ob die branchenbezogenen Gefährdungstabellen bei Hand-Arm-Vibrationen der BAuA verwendbar sind.
  • Lässt sich die Überschreitung der unten angegebenen Auslöse- und Expositionsgrenzwerte nicht sicher ausschließen, sind fachkundige Immissionsmessungen nach TRLV Vibrationen Teil 2 zu veranlassen. Manche Unfallversicherungsträger unterstützen hierbei ihre Mitgliedsbetriebe,siehe Liste der Messstellen. Die Dokumentation der Messwerte hat der Arbeitgeber mindestens 30 Jahre in einer Form aufzubewahren, die eine spätere Einsichtnahme ermöglicht (§ 4 LärmVibrationsArbSchV).

Für die Beurteilung ist die auf den Menschen einwirkende Tagesdosis relevant. Daher ist neben der Vibrationsbeschleunigung die Einwirkungsdauer einer typischen 8-Stunden-Schicht zu ermitteln (vgl. TRLV Vibrationen Teil 1, Abschnitt 6).

Mithilfe von Berechnungsformeln nach TRLV Vibrationen Teil 1, Anlage 3 kann der Tages-Vibrationsexpositionswert A(8) errechnet werden. Einfacher ist die Verwendung eines Vibrationsrechners (Excel-Anwendung vom IFA) durch Eingabe der frequenzbewerteten Schwingungsbeschleunigungen ahv (bei Herstellerangaben mit addierter Messunsicherheit K und anschließend multipliziertem Korrekturfaktor) und der Einwirkungsdauer. Mit dem Vibrationsrechner können auch im Tagesverlauf verwendete unterschiedliche Vibrationsexpositionen kombiniert werden. Alternativ kann die Expositionspunkte-Tabelle aus Anlage 3 der TRLV Vibrationen Teil 1 verwendet werden.

Bewertung

Der ermittelte Tages-Vibrationsexpositionswerte A(8) ist zu vergleichen mit

  • dem Expositionsgrenzwert A(8) = 5 m/s2 und
  • dem Auslösewert A(8) = 2,50 m/s2

aus § 9 LärmVibrationsArbSchV. Dabei wendet der Vibrationsrechner das Ampelprinzip an:

  • Wird der Expositionsgrenzwert erreicht, besteht ein hohes Gesundheitsrisiko im roten Gefahrenbereich. Es sind Sofortmaßnahmen zur Unterschreitung des Expositionsgrenzwerts erforderlich.
  • Wird der Expositionsgrenzwert nicht erreicht, aber der Auslösewert überschritten, ist das Gesundheitsrisiko im gelben Besorgnisbereich. Die in der LärmVibrationsArbSchV vorgeschriebenen Maßnahmen sind zu ergreifen.
  • Wird der Auslösewert nicht überschritten, ist das Gesundheitsrisiko gering (grüner Akzeptanzbereich). Dann reichen Sorgfaltsmaßnahmen aus, die sicherstellen, dass es nicht zum Überschreiten des Auslösewerts kommt. Weitere Verbesserungsmöglichkeiten sind zu prüfen.

Besonders gefährdete Personengruppen

Im Rahmen der Beurteilung der Arbeitsbedingungen sind besonders gefährdete Personengruppen wie Jugendliche, werdende und stillende Mütter, Behinderte oder Beschäftigte mit Vorerkrankungen sowie Neulinge zu berücksichtigen.

Nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz dürfen Jugendliche und nach dem Mutterschutzgesetz werdende und stillende Mütter nicht mit Arbeiten beschäftigt werden, bei denen die Sicherheit und die Gesundheit der betroffenen Personen durch Stöße und Vibrationen gefährdet wird.

Nähere Angaben enthält Abschnitt 6.5 der TRLV Vibrationen: Teil 1.

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