Fachbereich 4 Gefahrstoffe und Biostoffe

Der Fachbereich 4 steht für die Verbesserung des Schutzes der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen und Biostoffen (Krankheitserregern). Dazu beschreibt er stoffliche Gesundheitsgefährdungen, bewertet sie und schlägt Schutzmaßnahmen vor, um die Risiken für die Beschäftigten auf ein gesellschaftlich akzeptiertes Niveau zu senken. Ausgangspunkt sind insbesondere Ergebnisse aus Forschungs- und Entwicklungsprojekten, aber auch langjährige Erfahrungen aus gesetzlichen Aufgaben und der Politikberatung für Ministerien und andere Akteure im Arbeitsschutz.

Zur effizienten Wahrnehmung seiner vielfältigen Aufgaben ist der Fachbereich in die Bereiche 4.I "Gefahrstoffe, Chemikaliensicherheit" und 4.II "Biostoffe, Biozide" gegliedert. Der Bereich 4.I betrachtet den Schutz der Beschäftigten aus der Perspektive der Chemikaliensicherheit und damit verknüpften Vermarktungsauflagen in der EU sowie der Herstellung und Verwendung von Gefahrstoffen bei der Arbeit. Im Bereich 4.II stehen die Gesundheitsrisiken durch Biostoffe bei der Arbeit und die sichere Verwendung von Biozidprodukten, die aufgrund ihres Wirkungsprofils per se gefährliche Eigenschaften haben, im Vordergrund. Beide Bereiche arbeiten eng zusammen. Besonders deutlich wird dies bei Fragestellungen der Toxikologie oder des Biomonitorings.

Forschungs- und Entwicklungsprojekte im Fachbereich orientieren sich an Fragestellungen, die sich aus den gesetzlichen Aufgaben und der Politikberatung ergeben. Die Ergebnisse fließen in Zulassungsentscheidungen, die Weiterentwicklung von Rechtsvorschriften und das technische Regelwerk zum Arbeitsschutz ein. Die Projekte werden in eigenen modernen Laboren und im Rahmen von Feldstudien in Betrieben durchgeführt und erforderlichenfalls durch externe Forschungsdienstleistungen unterstützt.

Auf nationaler Ebene berät der Fachbereich 4 das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) bei der Weiterentwicklung und der Umsetzung der Gefahrstoff- und der Biostoffverordnung sowie der Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge.

Auf europäischer Ebene stehen die Ausgestaltung der europäischen Richtlinien zum Arbeitsschutz bei chemischen und biologischen Stoffen und die gesetzlichen Aufgaben zur Chemikaliensicherheit in der EU im Vordergrund. Ein Schwerpunkt bildet hier die Verknüpfung von Anforderungen zur sicheren Vermarktung von Gefahrstoffen mit der betrieblichen Ebene, um Synergien für den Arbeitsschutz zu erzeugen.

Während diese Schnittstelle schon seit einiger Zeit im Fokus des Fachbereichs ist, entwickelt sich aktuell ein neues Spannungsfeld aus der EU-Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit mit dem Ziel einer "giftfreien" Umwelt und der EU-Rohstoffstrategie, die relevante Stoffe (einschließlich krebserzeugender Metalle) durch Recycling möglichst lange in Stoffkreisläufen halten will. Der Fachbereich 4 sieht sich gefordert, die daraus resultierenden tiefgreifenden Änderungen in der Arbeitswelt hinsichtlich des Schutzes der Beschäftigten sowohl auf der rechtlichen wie auch auf der praktischen Ebene zu begleiten.

Bereich 4.I "Gefahrstoffe, Chemikaliensicherheit"

Die sichere Gestaltung von Tätigkeiten mit Gefahrstoffen in der Arbeitswelt sind das zentrale Thema des Bereiches 4.I "Gefahrstoffe, Chemikaliensicherheit". Gefahrstoffe können als Chemikalien an Arbeitsplätzen hergestellt und verwendet werden oder dort entstehen (z. B. Schweißrauche).

Den rechtlichen Rahmen für den Bereich 4.I bilden die deutschen und europäischen Arbeitsschutzvorschriften sowie die EU-Verordnungen zur Chemikaliensicherheit. Typische Regelungen aus dem Bereich des Arbeitsschutzes sind die europäischen Richtlinien zu Gefahrstoffen im Allgemeinen und zu krebserzeugenden Gefahrstoffen, die in Deutschland in der Gefahrstoffverordnung umgesetzt sind. Zentrale Regelungen der europäischen Chemikaliensicherheit sind die CLP- und die REACH-Verordnung. Sie dienen der harmonisierten Einstufung und Kennzeichnung von chemischen Stoffen und Gemischen und beschreiben für die Unternehmen Verfahren zur Registrierung, Bewertung und Zulassung von chemischen Stoffen in der EU.

Ein aktuelles übergeordnetes Thema ist die Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit als Teil des Green Deal der EU-Kommission. Durch die Chemikalienstrategie ergeben sich Änderungen in vielen Rechtsvorschriften und damit in der Schwerpunktsetzung für sichere Tätigkeiten mit Gefahrstoffen. Ein weiterer Treiber tiefgreifender Änderungen von Stoffströmen ist das Ziel der EU-Kommission, strategische Rohstoffe, die in vielen Fällen auch Gefahrstoffe sind, verstärkt in Kreisläufen zu halten, um die EU widerstandsfähiger gegen äußere Einflüsse zu machen. Diese Änderungen begleitet der Bereich aktiv mit Blick auf neu aufkommende Arbeitsschutzthemen.

Die Aufgaben des Bereiches 4.I sind die Politikberatung bei der Weiterentwicklung des Gefahrstoffrechts und des Technischen Regelwerkes, gesetzliche Aufgaben als Koordinierungs- und Bewertungsstelle Arbeitsschutz für die CLP- und REACH-Verordnung und der Transfer des Wissens, um das praxisgerechte Arbeitsschutzhandeln mit einem Fokus auf KMU zu unterstützen. Ein aktuelles Thema der Weiterentwicklung der Chemikaliensicherheit ist die Regulierung von Fasermaterialien, die lungengängige Faserstäube freisetzen.

Die wissenschaftlichen Grundlagen für diese Aufgaben liefert die anwendungsorientierte Forschung und Entwicklung (FuE) zu den genannten Themen.

Aktuelle FuE-Schwerpunkte sind u. a.

  • die Modellentwicklung und Datengenerierung zur Verbesserung von Expositionsabschätzung und -bewertung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen,
  • die bessere Integration expositions- und verwendungsbezogener Daten in die Bewertungsverfahren zur Chemikaliensicherheit,
  • Methoden zur Risikobewertung von Fasermaterialien und -partikelförmigen Gefahrstoffen am Arbeitsplatz,
  • Weiterentwicklung des Einfachen Maßnahmenkonzepts Gefahrstoffe (EMKG) zur Gefährdungsbeurteilung.

Der Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS), dessen Geschäftsstelle im Bereich 4.I liegt, ist in Deutschland das wichtigste Gremium zur Konkretisierung der Arbeitsschutzvorschriften. Neben der Geschäftsführung engagiert sich der Bereich bei der Erarbeitung des technischen Regelwerks, um das Arbeitsschutzhandeln nach dem Stand der Technik zu unterstützen.

Bereich 4.II "Biostoffe, Biozide"

Die Bearbeitung zentraler Fragen zum Arbeitsschutz bei Tätigkeiten mit Biostoffen und Bioziden bilden den Aufgabenschwerpunkt im Bereich 4.II. In Deutschland führen mehrere Millionen Beschäftigte Tätigkeiten aus, bei denen sie Biostoffe (Krankheitserreger) wie z. B. Bakterien, Pilze oder Viren direkt verwenden (z. B. in Laboratorien) oder diesen aufgrund ihrer Tätigkeiten wie z. B. im Gesundheitswesen ausgesetzt sind. Eine besondere Herausforderung stellen dabei Bioaerosole dar, da sie an einigen Arbeitsplätzen sehr komplex im Hinblick auf ihre Zusammensetzung und der damit verbundenen Gefährdung sind.

Rechtsgrundlagen für den Schutz der Beschäftigten vor Biostoffen sind die europäische Biostoffrichtlinie und die deutsche Umsetzung in der Biostoffverordnung. Ein Mittel um die Belastung mit Biostoffen am Arbeitsplatz zu kontrollieren sind Desinfektionsmittel. Sie stellen eine wichtige Gruppe der Biozide dar, die dazu verwendet werden, Schadorganismen zu bekämpfen. Im Rahmen der gesetzlichen Aufgaben als Bewertungsstelle Arbeitsschutz nach der Europäischen Biozidverordnung achtet der Bereich 4.II darauf, alle notwendigen Expertisen zu bündeln und durch Auflagen für die Vermarkung dafür zu sorgen, dass sowohl biozide Wirkstoffe als auch Biozidprodukte keine unannehmbaren Risiken für Beschäftigte bei ihrer Anwendung verursachen.

Eine besondere Aufgabe im Bereich nimmt das Biomonitoring ein. Dabei geht es um die Untersuchungen zur Aufnahme von Arbeitsstoffen in den Körper. Biomonitoring anhand der Analyse von Blut, Urin oder Ausatemluft erlaubt die Beurteilung individueller Gesundheitsrisiken und liefert Beiträge zur Expositionsbewertung. In vielen Fällen ist Biomonitoring auch Bestandteil der arbeitsmedizinischen Vorsorge.

Grundlage für die Aufgabenwahrnehmung im Bereich 4.II ist anwendungsorientierte Forschung und Entwicklung (FuE) zu den genannten Themen.

Aktuelle FuE-Schwerpunkte sind u. a.

  • Forschungsfragen an der Schnittstelle Infektionsschutz/Arbeitsschutz,
  • Methoden zur Risikobewertung von Biostoffen am Arbeitsplatz,
  • Feldstudien und Laboruntersuchungen zur Freisetzung und zur Exposition gegenüber Bioaerosolen mittels modernster OMICS-Methoden,
  • Feld- und Laborstudien zum Biomonitoring mittels der Analyse von Blut, Urin oder Ausatemluft,
  • die Erhebung und Modellierung von Expositionsdaten für Zulassungsverfahren.

Der Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS), dessen Geschäftsstelle im Bereich 4.II liegt, ist das wichtigste Gremium zur Konkretisierung der Arbeitsschutzvorschriften für Tätigkeiten mit Biostoffen in Deutschland. Neben der Geschäftsführung engagiert sich der Bereich bei der Erarbeitung des technischen Regelwerks, um das Arbeitsschutzhandeln nach dem Stand der Technik zu unterstützen. Der Bereich 4.II leistet auch Beiträge zu arbeitsmedizinischen Regeln, die im Ausschuss für Arbeitsmedizin entwickelt werden und unterstützt die Arbeit des Ausschusses für Gefahrstoffe bei den technischen Regeln für Biozide.

Weitere Informationen

Kontakt

Dir. u. Prof. Dr. Rüdiger Pipke

Fachbereichsleiter
Fachbereich 4 "Gefahrstoffe und Biostoffe"

Dr. Rolf Packroff

Wissenschaftlicher Leiter
Fachbereich 4 "Gefahrstoffe und Biostoffe"

Prof. Dr. Thomas Kuhlbusch

Bereichsleiter
Bereich 4.I "Gefahrstoffe, Chemikaliensicherheit"

PD Dr. Udo Jäckel

Bereichsleiter
Bereich 4.II "Biostoffe, Biozide"

Weitere Kontaktmöglichkeiten