Evaluation des Pflegekonzepts Rückengerechter Patiententransfer in der Kranken- und Altenpflege

Das Präventionsprogramm "Rückengerechter Patiententransfer in der Kranken- und Altenpflege" (RPT) wurde acht Jahre nach Beginn seiner Erstevaluation einem Langzeit-Follow-up unterworfen (Projektteil 1, n = 64 Pflegekräfte von n = 81 mit T1-Daten). In 22 Gesundheitsdiensteinrichtungen wurden eine Befragung von geschulten und ungeschulten Pflegekräften durchgeführt (Projektteil 2, n = 332) sowie Kosten- und Nutzenaspekte des Programms gegenübergestellt (Projektteil 3). Die Methoden des Follow-ups entsprechen weitgehend der Erstevaluation (u. a. schriftliche Befragung, expertengestütztes Beobachtungsrating der individuellen RPT-Umsetzungsqualität, orthopädische Untersuchung des Bewegungsapparates).

RPT-Anwender weisen niedrigere Prävalenzen an Rückenbeschwerden auf als die Kontrollgruppe ohne präventive Kenntnisse (n = 413, Gesamtkollektiv aus den Projektteilen 1 und 2). Die Anwendungshäufigkeit der RPT-Prinzipien hängt von unterstützenden und Nachhaltigkeit sichernden betrieblichen Rahmenbedingungen ab, am deutlichsten von der Integration der Arbeitsweisen in das gesamte Arbeitsteam sowie der Unterstützung durch Programm-"Instruktoren" und betriebliche Leitungsfunktionsträger. Bei maximaler Anwendungshäufigkeit aller RPT-Prinzipien, Praxisbegleitung und Wiederauffrischung des Gelernten können die LWS-Beschwerdeprävalenzen um 20-25 % gesenkt werden. Die Rückenbefindlichkeit wurde bei maximaler Anwendungshäufigkeit von 67 % der Befragten als verbessert eingeschätzt, die körperliche Belastung von 63 % als reduziert erlebt. Das Ausmaß der Belastungsreduktion ist abhängig von der biomechanisch und ergonomisch "fehlerfreien" Umsetzung der Prinzipien.

Der übliche altersgemäße Prävalenzanstieg von Rückenbeschwerden und orthopädischen Testbefunden wurde bei den RPT-Anwendern in Projektteil 1 nicht gefunden - allerdings ohne Unterschiede zwischen "konsequenten" und "inkonsequenten" RPT-Nutzern.

Die Quantifizierung von Kosten-Nutzen-Verhältnissen im Hinblick auf Arbeitsplatzabsenzen konnte nur anhand von Modellrechnungen vollzogen werden. Eine Zusatzanalyse von Krankenkassendaten für eine Einrichtung belegt einen Rückgang des Anteils von Arbeitsunfähigkeitsdiagnosen des Muskel- und Skelettsystems in den ersten drei Jahren seit Beginn der Intervention um 31 %.

Zusammenfassend ist das Präventionsprogramm geeignet, die körperliche Belastung und Lendenwirbelsäulenbeschwerden von Pflegenden zu reduzieren. Prospektive Kosten-Nutzen-Analysen im natürlichen Setting, die messtechnische Qualifizierung der Bandscheibenbelastung und das Optimierungspotential von Prävention durch systematische Gefährdungsbeurteilung eines Patiententransfers werden als nächste Forschungsschritte empfohlen.

Bibliografische Angaben

Titel:  Evaluation des Pflegekonzepts Rückengerechter Patiententransfer in der Kranken- und Altenpflege. Langzeit-Follow-up zur Ermittlung der Nachhaltigkeit präventiver Effekte

Verfasst von:  M. Michaelis, S. Hermann

1. Auflage.  Dortmund:  Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 2010. 
ISBN: 978-3-88261-125-0, Seiten: 154, Projektnummer: F 2196, Papier, PDF-Datei

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